AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2025/01)
Im ersten Teil der neuen Serie spricht die VIECON-Geschäftsführerin Martina Candillo offen über die Möglichkeiten von Frauen, in der Convention-Branche zu reüssieren
Das ACB MAGAZIN startet eine neue Serie: „Female Empowerment“. Es geht also um selbstbewusste, starke Frauen. Erste Gesprächspartnerin ist Martina Candillo, seit Jahresbeginn Geschäftsführerin von VIECON – Vienna Congress & Convention Center. Sie startete ihre Karriere Ende der 1990er-Jahre in der Luxushotellerie in Kalifornien, wo sie später zur National Sales Managerin avancierte. Zurück in Österreich war Martina Candillo zunächst bei Starwood als International Sales Manager tätig, um dann die folgenden 20 Jahre für RX bzw. das Messe Wien Exhibition & Congress Center zu arbeiten, zuletzt als Director Congresses & Events. Seit Jahresbeginn, als die Wien Holding RX übernahm, stieg Martina Candillo zur Geschäftsführerin auf, wo sie als COO (Chief Operation Officer) für die Bereiche Sales, Event Operations und Business Development zuständig ist.
ACB MAGAZIN: Ist die starke Damen-Präsenz in ihrem Team und in der Geschäftsführung in der Branche üblich
Martina Candillo: „Die Event- und Kongressbranche hat traditionell einen hohen Frauenanteil, insbesondere in Bereichen wie Kommunikation, Marketing und Projektmanagement. Dass sich das auch in der Führungsebene widerspiegelt, ist nicht selbstverständlich. Viele Unternehmen haben nach wie vor eine männlich dominierte Führungskultur. Bei VIECON legen wir den Fokus auf Kompetenz und Leistung – unabhängig vom Geschlecht. Dass so viele Frauen in leitenden Positionen sind, zeigt, dass Frauen in dieser Branche ihre Stärken gezielt einbringen und Verantwortung übernehmen.“
ACB MAGAZIN: Bei VIECON tragen Sie für die Bereiche Sales, Event Operations und Business Development die Verantwortung. In welchen dieser Bereiche gibt es überwiegend Frauen und in welchen ist dies anders? Wird sich das in Zukunft ändern?
Martina Candillo: „Sales und Project Management sind bei uns stark von Frauen geprägt, während Technical Event Operations aufgrund der technischen und logistischen Anforderungen traditionell mehr Männer anzieht. Die Leitung des Bereichs Business Development liegt aktuell ebenfalls bei einem Mann. Allerdings verschwimmen diese Grenzen erfreulicherweise zunehmend. Ich sehe, dass immer mehr Frauen auch operative und strategische Führungsrollen übernehmen und ich glaube, dass sich das in den kommenden Jahren noch verstärken wird.“
ACB MAGAZIN: Wie schwierig war es für Sie als Frau, die Karriereleiter hochzuklettern? Mit welchen Schwierigkeiten sahen Sie sich konfrontiert?
Martina Candillo: „Ich habe auf meinem Weg viele wertvolle Erfahrungen gesammelt – positive wie herausfordernde. Als Frau in einer Führungsposition muss man sich oft stärker behaupten und mit bestimmten Vorurteilen umgehen. Manche dieser Hürden sind strukturell, andere entstehen durch gesellschaftliche Prägungen – und damit auch in unseren Köpfen. Frauen tragen oft eine doppelte Last: Sie übernehmen nicht nur berufliche Verantwortung, sondern sind meist auch stärker in die Kindererziehung und Haushaltsorganisation eingebunden. Das macht den Karriereweg anspruchsvoller. Zudem beobachten wir, dass Frauen sich tendenziell weniger zutrauen und ihre eigenen Fähigkeiten unterschätzen, während Männer selbstbewusster auftreten. Auch ich musste lernen, meine Erfolge anzuerkennen und mir meinen Platz nicht nur zu erarbeiten, sondern ihn auch selbstbewusst einzunehmen. Ein starkes Netzwerk, Unterstützung aus dem Umfeld und das Bewusstsein für die eigenen Stärken sind dabei entscheidend.“
ACB MAGAZIN: In einigen Regionen der Welt, sogar in den USA, wird toxische Männlichkeit wieder salonfähig, in anderen hat sie nie aufgehört zu existieren. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Martina Candillo: „Gleichberechtigung ist keine Selbstverständlichkeit – wir sehen immer wieder, dass gesellschaftliche Fortschritte infrage gestellt oder sogar zurückgedreht werden. Toxische Männlichkeit schadet nicht nur Frauen, sondern auch Männern selbst, weil sie starre Rollenbilder festigt, die niemandem guttun. Ich bin überzeugt, dass Unternehmen und Gesellschaften langfristig erfolgreicher sind, wenn sie auf Offenheit, Diversität und gegenseitigen Respekt setzen.“
ACB MAGAZIN: Was empfehlen Sie jungen Frauen, um erfolgreich ihren Weg zu gehen?
Martina Candillo: „Seid selbstbewusst, unterschätzt euch nicht und habt keine Angst davor, ambitioniert zu sein! Frauen neigen oft dazu, ihre Leistungen herunterzuspielen oder erst dann Verantwortung zu übernehmen, wenn sie sich zu 100 % bereit fühlen, während Männer oft einfach machen. Mein Tipp: Geht mutig voran, fordert Chancen aktiv ein, vernetzt euch mit anderen Frauen sowie Mentor:innen, die euch auf eurem Weg unterstützen können und sucht euch Führungspersönlichkeiten, die euch fördern – unabhängig vom Geschlecht. Erfolg kommt nicht von allein, aber wer dranbleibt, wird seine Ziele erreichen.“
ACB MAGAZIN: Gilt das auch für die Convention-Branche oder gibt es hier noch andere Möglichkeiten?
Martina Candillo: „Absolut! Die Convention-Branche lebt von Organisationstalent, Kommunikationsstärke, Flexibilität und strategischem Denken – all das sind Eigenschaften, in denen Frauen oft besonders stark sind. Sie bringen ein hohes Maß an Empathie mit, können Teams gut führen und bewahren auch in stressigen Situationen den Überblick. Ich sehe hier enormes Potenzial für Frauen, sich weiterzuentwickeln und Führungspositionen einzunehmen.“
Erstellt am: 20. April 2025
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