AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/04)
Die exorbitant gestiegenen Energiekosten bringen die MICE-Branche ins Schwitzen – ein Überblick zeigt die aktuelle Entwicklung sowie mögliche Maßnahmen zum Gegensteuern
Wie geht Österreichs Kongress- und Veranstaltungs-Branche mit der Energiekrise um? Das Thema ist höchst aktuell. Fest steht, dass die Betriebe gefordert sind, Strom und Gas zu sparen sowie den „Spagat“ zwischen Abdeckung ihrer erhöhten Kosten und der Weitergabe an den Kunden in einem „verträglichen“ Rahmen zu schaffen. Gefragt sind unter anderem die Anpassung interner Prozesse, um Ressourcen zu schonen, sowie neue Instrumente in den Bereichen Revenue und Yield sowie Lead Management.
Laut jährlich vom Umweltministerium (im vollen Wortlaut Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – bmk.gv.at) unter Ministerin Leonore Gewessler aufgelegtem Energiebericht 2022 belief sich im Vorjahr der energetische Endverbrauch Österreichs auf 1.120,8 PJ (Petajoule). Größter Energieverbraucher ist der Verkehr, gefolgt von den privaten Haushalten sowie – nahezu Kopf an Kopf – der produzierende Bereich. Die Dienstleistungen, zu denen auch die Veranstaltungsbetriebe zählen, folgen mit deutlichem Abstand und sorgen für einen energetischen Verbrauch von 108,8 PJ bzw. 9,7 % des bundesweiten Gesamtverbrauches.
Wird dieser energetische Gesamtverbrauch nach Energieträgern aufgeschlüsselt, ergibt sich, dass Öl den mit Abstand größten Anteil hat, gefolgt von elektrischer Energie und Gas. Wobei bereits mehr als 78 % des Stroms in Österreich aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden. Die Alpen- und Donaurepublik gilt damit im Strombereich als eines der CO2-effizientesten EU-Länder. Möglich wird dies durch den hohen Anteil an Wasserkraft sowie an biogenen Brenn- und Treibstoffen. Auch andere erneuerbare Energien, insbesondere die Nutzung von Umgebungswärme im Rahmen von Wärmepumpen, und die Primärenergiegewinnung aus Wind und Photovoltaik, nehmen weitgehend kontinuierlich und deutlich zu.
Zieht man nur den Strom als Energieträger heran, so zeigt sich, dass laut Information von Austrian Power Grid (APG) – sie ist eine 100-prozentige Tochter des Verbund-Konzerns – im Oktober 2022 hierzulande 4.522 GWh (Gigawattstunden) Strom verbraucht wurden und damit um 5 % weniger als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Zwar spielten dabei auch die verhältnismäßig warmen Witterungen im Oktober eine Rolle, „doch die Bereitschaft zum Stromsparen zeigt sich bereits seit Sommer. In den drei Monaten Juli bis September lag der Stromverbrauch etwa 3 % unter dem Referenzwert der Jahre 2017 bis 2021“, betont Gerhard Christiner, technischer Vorstand der APG.
Eine weitere interessante Kennzahl: Die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien konnte im Oktober rund 68 % des österreichischen Stromverbrauchs bilanziell decken. Im Vergleich zu 2020 entspricht dies einem Anstieg um rund 16 %. Das deutlichste Plus war bei der Stromerzeugung aus Laufwasserkraft zu verzeichnen, die im Vergleich zum ersten Pandemiejahr um mehr als zwei Fünftel (43 %) zulegen konnte.
Ebenfalls rückläufig war im Oktober Österreichs Gasverbrauch. Laut Information der E-Control hatten Versorger in diesem Monat etwa 5,9 Mrd. kWh an Endkunden abgegeben, um 26 % weniger als vor einem Jahr. Die Behörde führt das vor allem auf die im Vergleich zum Vorjahr deutlich mildere Witterung zurück. Damit konnte die Einspeicherung von Erdgas deutlich erhöht werden. Mit Ende November 2022 lagerten in heimischen Speichern 90,5 Mrd. kWh (Kilowattstunden).
Die extrem steigenden Energiepreise haben aber dramatische Auswirkungen auf die Inflation. Sie hat sich in Österreich im November 2022 zwar wegen einer leichten Entspannung auf dem Energiesektor ein wenig abgeschwächt und dürfte laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf 10,6 % gesunken sein. Im Oktober waren die Preise (VPI – Verbraucherpreis-Index) noch um 11 % höher als vor einem Jahr.
Wie extrem der Anstieg auf dem Energiesektor war, geht aus dem Energiepreisindex (EPI) hervor. Beim Heizöl kletterten sie verglichen mit dem September 2021 bis zum heurigen September um etwa 105,3 %nach oben, beim Strom um 36,8 % und beim Erdgas um 113,5 %.
Abgeschwächt hat sich gleichzeitig aber auch das Wirtschaftswachstum. Es erreichte laut WIFO (Wirtschaftsforschungsinstitut) gegenüber dem Vorjahr auf Basis des wöchentlichen Indikators für das BIP (Bruttoinlandsprodukt) in der ersten November-Hälfte 2022 nur noch +1,7 %. Das ist zwar mehr als im Oktober (+1,5 %), aber doch deutlich weniger als im September (+2,9 %).
Zurück zu den Veranstaltungsbetrieben: Auf der Convention4u 2022 des ACB hatte sich herausgestellt, dass viele Betriebe verstärkt auf dynamische (saisonabhängige) Preise setzen wollen. Dieses „Dynamic Pricing“ dürfte damit breitflächiger zum Einsatz kommen als bisher. Laut dem auf diesen Bereich spezialisierten Anbieter „Smart Pricer“ bringt diese Maßnahme nicht nur eine Erlössteigerung im Ausmaß von 5 % bis 15 % mit sich (womit die gestiegenen Kosten zum Teil abgefedert werden können), sondern sorgt – so die bisherigen Erfahrungen – auch für eine Erhöhung der Besucherzahl in derselben Größenordnung sowie einen um 30 % bis 70 % höheren Anteil am Onlineverkauf. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss sich im Einzelfall weisen. Fest steht, dass mithilfe des „Dynamic Pricing“ wie erwähnt auch die hohen Energiekosten teilweise kompensiert werden können.
Wie hoch diese sind, ist aufgrund der mageren Information für Dienstleistungsgebäude kaum abschätzbar. Ein wenig Licht ins Dunkel gebracht hat das deutsche Research Institute for Exhibition and Live-Communication (R.I.F.E.L.) im Rahmen einer heuer durchgeführten Metastudie in der Event- und Messebranche, die im Auftrag der Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft (fwd) erstellt wurde. Die Ergebnisse dieser Studie sprechen eine deutliche Sprache: Der aktuelle Teuerungs-Trend betrifft die Event- und Messebranche überproportional. Je nach Event- und Messe-Format sowie Größe der Veranstaltung muss 2022 im Schnitt 45 % mehr Budget zur Verfügung gestellt werden als dies für eine vergleichbare Produktion in 2019 noch vonnöten war. Kleinere Event- und Messe-Projekte sind überproportional betroffen (im Durchschnitt 49 % teurer), während größere Produktionen im Durchschnitt um 41% teurer sind.
Auch die durch die Pandemie gestiegenen Hygiene-Anforderungen, die von Kund*innen und dem Gesetzgeber auch weiterhin gefordert werden, spielen mit hinein. Gleichzeitig – auch das ist kein Geheimnis – gilt der Mitarbeiter*innen-Markt praktisch als leergefegt.
Die massiven Kostensteigerungen bei Heizöl und Kraftstoffen spiegeln sich direkt in den Transport- und den Energiekosten der Kongress-, Event- und Messebetriebe wider. Gestiegene Kosten gibt es zudem auch im Catering sowie für Baumaterialien im Bühnen- und Set-Bau. Zusätzlich verteuert der Chip-Mangel die Veranstaltungs- und Streaming-Technik etc.
Wie die Branche ihren Energieverbrauch weiter reduzieren kann, dazu lieferte vor kurzem der eidgenössische rund 180 Mitglieder umfassende Branchenverband Expo Event Swiss Livecom Association Tipps, dessen Kommunikation in den Händen des Vorstandsmitglieds Bala Trachsel liegt. Die CEO und Gründerin der Agentur Republica ist auch für das Team COVID verantwortlich. Ziel ist es, dass Betriebe vor und rund um das Event ihren Energieverbrauch um bis zu 15 % reduzieren, ohne dass Mitarbeitende entlassen oder der Produktionsprozess zurückgefahren werden muss.
Zu den kurzfristigen Maßnahmen gehört der (bereits weit verbreitete) Einsatz von LED-Lampen. Er sorgt für eine Stromersparnis von bis zu 75 %. Mit der Installation von Bewegungssensoren kann der Stromverbrauch in den Büros um 32,4 % und in Tiefgaragen um 77,6 % reduziert werden. Durch die effiziente Nutzung des Tageslichts an den Arbeitsplätzen kann bis zu 75 % an Strom eingespart werden.
Die gezielte Senkung der Raumtemperatur wirkt auch extrem: Bereits eine Abkühlung von 1 Grad Celsius lässt laut „Expo Event“ rund 6 % Energie einsparen. Ein automatisiertes Heizsystem, das die Räumlichkeiten über Nacht herunterkühlt, kann ebenfalls Abhilfe schaffen. Zu den kurzfristig umsetzbaren Sparmaßnahmen gehört zudem der energieeffiziente Gebrauch von Elektrogeräten: Unbenutzte Geräte auszustecken bringt Einsparungen von bis zu 10 % pro Monat, die Vermeidung von Standby-Betrieb 10 % bis 60 %. Das Einschalten von Energiesparmodi bringt Ersparnisse von bis zu 90 % gegenüber dem Normalbetrieb. Längerfristig sei auch die Zentralisierung von Lagerflächen, der Einsatz energiesparender Computer und Laptops oder das Ersetzen von alten Kühlschränken (50 % geringerer Stromverbrauch) rentabel. Sparpotenzial gibt es auch bei der Beschaffung. So sollten bevorzugt Lieferanten gewählt werden, die in der Nähe der Eventlocation liegen. Auch die Reduktion der Deckenhöhe des Eventgebäudes sowie die Verwendung von Türluftschleiern und Thermovorhängen macht sich bezahlt.
Wie dem auch sei: Die hohen Energiepreise sind ein Faktum, das der von der Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogenen Branche das Leben nicht einfacher macht. Wer bereits in den Vorjahren das Steuer in Richtung Nachhaltigkeit und Energieeffizienz umgelegt hat, ist jetzt sicherlich in einer günstigeren Position. Das AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN wird laufend über die weitere Entwicklung berichten.
Erstellt am: 20. Dezember 2022
Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder