ICCA-Ranking

Wiener Tagungsindustrie brilliert 2024 auf allen Ebenen

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2025/02)

Terrasse Westbahnhof

Laut ICCA-Ranking wurde der weltweite Platz 1 zurückerobert, Kongresse und Firmen­veranstaltungen erzielten laut Wiener Tagungsbilanz Spitzenwerte

Geahnt hatten es WienTourismus-Chef Norbert Kettner und die Leiterin des im WienTourismus angesiedelten Vienna Convention Bureaus (VCB) Anita Paic bereits Ende April bei der Präsentation der Tagungsbilanz 2024 von Österreichs Bundeshauptstadt, doch einen Monat später herrschte Gewissheit: Wien landete im Vorjahr laut Kongress-Ranking der International Congress and Convention Association (ICCA) unter den Städten weltweit erneut auf dem 1. Platz, vor Lissabon und Singapur. Zuletzt hatte es Wien im noch von der Pandemie geprägten Jahr 2022 auf den ersten Platz geschafft.

Das ICCA-Ranking unterscheidet sich von jenem Wiens dadurch, dass es nur jene internationalen Veranstaltungen berücksichtigt, die mehr als 50 Teilnehmer:innen haben, zwischen mindestens drei Ländern rotieren und bereits dreimal abgehalten worden sind. Demnach kam Wien 2024 laut ICCA auf 154 Kongresse und konnte damit vom vierten Platz 2023 wieder an die Weltspitze klettern. Norbert Kettner: „Das aktuelle ICCA-Ranking zeigt deutlich: Wien hat seine Führungsposition in einem äußerst kompetitiven Umfeld erneut bewiesen. Unser strategischer Fokus gilt auch künftig der Tagungsindustrie.“

Das ist nicht ins Unreine gesagt, denn laut Anita Paic laufen derzeit beim Vienna Convention Bureau über 250 Bewerbungen für Meetings bis 2038. Allein im Vorjahr konnte das VCB 120 internationale Kongresse und Firmentagungen mit insgesamt 150.000 Teilnehmenden für Wien gewinnen, die bis 2030 stattfinden werden.

2024 brachte beste Performance aller Zeiten

Laut Wiens Tagungsbilanz 2024 konnten im Vorjahr 2.193 Kongresse (+2 % im Vergleich zu 2023) sowie 4.426 Firmenveranstaltungen (+3 %) verzeichnet werden, in Summe 6.619 Veranstaltungen (+3 % gegenüber 2023). Sie erbrachten eine Wertschöpfung von 1,32 Mrd. Euro, darunter Steuereinnahmen von 365 Mio. Euro (213 Mio. Euro flossen dem Bund und 152 Mio. Euro den Ländern und Gemeinden zu).

Insgesamt wurden 671.000 Teilnehmer:innen (+6 %) registriert, die für 1,999 Mio. Übernachtungen (+26 %) sorgten. Unter dem Strich stammte jede neunte Gästenächtigung in Wien von einem Kongress oder einer Firmen­tagung. Die Aufenthaltsdauer der Meeting-Gäste liegt übrigens mit 2,98 Übernachtungen deutlich höher als jene der durchschnittlichen Wien-Urlauber:innen (2,3 Übernachtungen).

Mit all diesen Zahlen legte die Wiener Tagungsindustrie 2024 die beste Performance aller Zeiten hin. Norbert Kettner: „Noch nie zuvor haben Kongresse und Firmenveranstaltungen so hohe wirtschaftliche Effekte für die Bundeshauptstadt und ganz Österreich generiert.“

Umfeld wird kompetitiver

Selbstläufer ist das aber keiner, denn laut Norbert Kettner handelt es sich bei der Meetingindustrie um ein globales Geschäft, dessen Umfeld kompetitiver wird: „Aufstrebende Player investieren bereits massiv in ihre Infrastruktur, um einen Teil des Kuchens zu bekommen.“ Als Beispiel nannte er die Hauptstadt Saudi-Arabiens, Riad, die bis 2030 mit 1 Mio. m² Ausstellungsfläche und Hotelzimmern im sechsstelligen Bereich aufwarten will. Kettner: „Die Konkurrenz wird härter.“

Der Fokus von Wiens Strategie liegt damit umso mehr auf der Stärkung als Tagungsmetropole. „Meetings sind der große Bringer für unsere Visitor Economy“, ist er überzeugt. Internationale Kongresse fördern nicht nur den interkulturellen Austausch, sie wirken sich positiv auf Wissenschaft und Forschung aus.

Ebenso erweisen sie sich als Rückgrat der Wiener Tagungsindustrie, da sie in der jährlichen Bilanz maßgeblich zum wirtschaftlichen Gesamtergebnis beitragen. So fanden 2024 neben 1.412 nationalen auch 781 internationale Kongresse statt, ein Plus von 7 %. Damit nicht genug, wurde mit 72 % bzw. 1956,42 Mio. Euro der Löwenanteil von den erwähnten 1,32 Mrd. Euro Wertschöpfung durch internationale Kongresse erwirtschaftet.

Humanmedizin & Diplomatiestandort

Veranstaltungen aus der Humanmedizin dominierten laut Norbert Kettner auch 2024 das Kongressgeschehen. Sie liegen mit 43 % der Nächtigungen weit vor anderen Fachbereichen. Formal- und Naturwissenschaften machten 12 % aus, Geisteswissenschaften und Politik jeweils 9 %, der Bereich Technologie 8 %.

Als Sitz der Vereinten Nationen ist auch deren Anteil am Kongressgeschehen mit 8 % von wesentlicher Bedeutung. „Wien ist Diplomatiestandort und führend bei medizinischen Kongressen. Die aktuellen Zahlen führen vor Augen, wie essenziell Wiens internationale Ausrichtung bleibt“, betonte Norbert Kettner, der die (politisch) Verantwortlichen dazu ermahnte, „als mittelgroße Stadt eines kleinen Landes internationales Mindset“ zu behalten, „unsere Rolle auf dem diplomatischen Parkett“ zu pflegen und „die Anbindung an internationale Verkehrswege“ auszubauen.

Tiefer Einblick durch Kongressgast-Studie

Zusätzlich zur jährlichen Meeting-Bilanz führt das VCB auch regelmäßig Studien durch, die Verhalten und Erwartungen von Kongressgästen analysieren. Zuletzt wurden zwischen September und Dezember 2024 rund 600 Teilnehmer:innen internationaler Fachkongresse aus den Bereichen Humanmedizin, Technik, Umwelt und Energie befragt.

Die Ergebnisse der Kongressgast-­Studie 2024 verdeutlichen laut Anita Paic, dass für 60 % eine gute internationale Erreichbarkeit entscheidend ist. 84 % – und damit deutlich mehr als vor der Pandemie – reisen mit dem Flugzeug an, 40 % kommen dabei mit Austrian Airlines. Öffentliche Verkehrsmittel werden von 63 % der Befragten genutzt.

„Die Studie unterstreicht auch den Trend, dass Kongressgäste länger in Wien bleiben“, so Anita Paic. 27 % von ihnen verlängerten im Vorjahr ihren Aufenthalt und nutzten ihre Freizeit abseits der Tagung für Sightseeing (50 %), Museumsbesuche (33 %), Shopping (25 %) und gingen abends gerne auswärts essen (92 %). Ihr Ausgabeverhalten macht sie auch wirtschaftlich gesehen besonders relevant: Kongressgäste geben durchschnittlich 560 Euro pro Nächtigung aus, fast doppelt so viel wie durchschnittliche Wien-Besucher:innen (360 Euro). Und 86 % betonten, Wien privat wieder besuchen zu wollen. Neun von zehn Kongressgästen (88 %) übernachten in Hotels, der größere Teil von ihnen (57 %) in 4- oder 5-Sterne-Häusern.

Vienna Meeting Fund als Akquiseturbo

Die über den WienTourismus und das VCB abgewickelte Förderschiene richtet sich in ihrer dritten Auflage an mehr­tägige, internationale Veranstaltungen, die außerhalb der Monate Mai und Juni sowie September und Oktober stattfinden, wobei deren Nächtigungen mindestens zur Hälfte von internationalen Teilnehmer:innen erbracht werden müssen. Die volle Förderhöhe von 60.000 Euro je Veranstaltung ist nur möglich, wenn sie als „Green Meeting“ oder „ÖkoEvent“ zertifiziert wird.

Bis Ende 2024 wurden über 1.200 Anträge eingereicht, mehr als 800 Meetings im Förderzeitraum von Mai 2021 bis Dezember 2028 erhielten eine Zusage. Norbert Kettner: „Aktuell stehen noch knapp 3 Mio. Euro zur Verfügung“ (insgesamt waren es 12 Mio. Euro). Anträge können bis zur Ausschöpfung der Mittel unter https://meeting.vienna.info eingereicht werden.

Äußerst erfreulich ist zudem der Ausblick auf 2025: Heuer finden demnach in Wien über 50 Kongresse und Firmenveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmer:innen statt. Fünf Großkongresse überschreiten sogar die Marke von 10.000 Gästen. Nach einem starken ersten Halbjahr steht als nächstes das Annual Meeting der EASD (European Association for the Study of Diabetes) Mitte September auf dem Programm. 

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