AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2024/02)
Eine aktuelle Studie der ICCA kommt zum Schluss, dass es zwar noch großer Anstrengungen bedarf, die eingeschlagene Richtung aber stimmt
Vor kurzem veröffentlichte die ICCA (International Congress and Convention Association) gemeinsam mit „Destination Canada“ (eine Art Kanadische Österreich Werbung, die sich allerdings vollständig im Besitz der kanadischen Regierung befindet) einen internationalen Bericht über die aktuelle Lage der weltweiten Meeting-Industrie in Bezug auf Nachhaltigkeit von Veranstaltungen und Reisezielen. Die Daten der Untersuchung basieren auf weltweit 248 Antworten, die aus allen geografischen Regionen kamen und im Zeitraum zwischen Anfang Juli und Anfang September 2023 erhoben wurden.
Allgemein herrschen Stillstand und Rückschritte
Insgesamt ergibt sich daraus ein differenziertes Bild. Zum ersten Mal wurden dabei auch die „Werkzeuge“ untersucht, um ein Verständnis dafür zu erhalten, welche Tools und Ressourcen genutzt werden, um die von den Vereinten Nationen 17 gesetzten Entwicklungsziele bis 2030 im Bereich der SDGs (Sustainable Development Goals) zu erreichen und welche fehlen. Zur Erinnerung: Die UNO möchte mit ihrer SDG-Agenda 2030 u. a. erwirken, dass es bis dann keine Armut und keinen Hunger mehr gibt, dass Geschlechtergleichheit besteht, dass überall sauberes Wasser und entsprechende Sanitäreinrichtungen existieren und die zum Klimaschutz ergriffenen Maßnahmen greifen. In ihrem Jahresbericht 2023 sprach die UNO aber davon, dass bei „mehr als 50 % der Zielvorgaben der Nachhaltigkeitsziele nur geringe und unzureichende Fortschritte erzielt“ werden und es in den Bereichen Armut, Hunger und Klima „bei 30 Prozent gar zu einem Stillstand oder zu Rückschritten gekommen“ ist.
Fortschritte in der Veranstaltungs-Branche
Doch nun zur ICCA-Studie. Von den Antworten kamen 56 % von Verbänden, 21 % von Zulieferern, 10 % von Meeting-Planern von Firmen, 7 % von Convention-Bureaus und 6 % von Vermittlern. Mehr als die Hälfte (53 %) der Fragen wurden von Mitarbeiter:innen aus Nordamerika beantwortet, etwas weniger als die Hälfte (49 %) stammte aus Europa. Die Region Asien-Pazifik war mit 12 % der Antworten vertreten, Südamerika kam auf 4 % und Afrika auf 2 %. Damit waren aber alle Regionen repräsentiert, wie die ICCA erfreut feststellt.
Rund zwei Drittel (67 %) der Entscheidungsträger:innen gehören der Generation X an (Altersgruppe zwischen 43 und 58 Jahren), ein Fünftel (21 %) war älter als 58 Jahre (Baby-Boomer), während von den Vertreter:innen der „Millennials“ oder „Gen Y“ (zwischen 27 und 42 Jahre) rund 10 % der Antworten kamen. Die unter-26-Jährigen (Gen Z) waren mit 7 % vertreten.
Erfreulich bei all dem ist, dass die Bedeutung der Nachhaltigkeit für mehr als sieben von zehn (71 %) Unternehmen als „sehr wichtig“ oder „äußerst wichtig“ erachtet wird und damit gegenüber der vorangegangenen Studie aus 2022 um 6 % stieg. Als „gar nicht“ oder „nicht sehr wichtig“ stufen nur 7 % der Antworten die Prioritäten im Bereich der Nachhaltigkeit ein.
Das Problem globaler Rotationen
Die globale Rotation von einem Kontinent zum anderen erwies sich als das vorherrschende Muster für die größten und/oder jährlichen Ereignisse (36 %). „Dieser Rotationsansatz kann Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit haben, wenn man den Kohlenstoff-Fußabdruck bedenkt, der häufig mit Fernreisen verbunden ist“, so die Feststellung der ICCA. Auf nationale Rotation setzen demnach 26 % der größten bzw. jährlichen Veranstaltungen, und regionale Rotation 15 %. Rund 23 % sind keine rotierenden Veranstaltungen.
Wobei Tagungsplaner:innen laut dieser Studie großes Interesse an Nachhaltigkeit zeigen, und zwar sowohl in ökologischer als auch in langfristiger organisatorischer Hinsicht. „Während neue Einnahmequellen erkundet werden und das Dienstleistungsangebot in einer Welt nach der Pandemie angepasst wird, bleiben sie ihrer Kernaufgabe verpflichtet, die aus Wissenserweiterung, Ausbildung und professionellen Standards besteht“, so die ICCA. Internationale Verbandstreffen gelten dabei als wichtiges Instrument zur Erreichung dieser Ziele.
Kosten rangieren an erster Stelle
Um den Erfolg der Tagungen zu gewährleisten, bedarf es einer sorgfältigen und minutiösen Planung, die mit der Gestaltung der Ausschreibungen (Request for Proposals - RFPs) beginnt. Laut ICCA sind seit der letzten Umfrage einige Änderungen feststellbar: Ein Drittel der Befragten gab an, dass Nachhaltigkeit „nicht“ oder „nur wenig“ in die Gestaltung ihrer Ausschreibungen, der Planung und der Durchführung künftiger Meetings und Sitzungen integriert ist. Für 21 % der Befragten fließt Nachhaltigkeit „nur in gewissem Maße“ in das RFP-Design ein, bei 26 % ist dies bei der Meeting-Durchführung der Fall und für 28 % bei der Meeting-Planung.
Bei den wichtigsten Kriterien für die Beschaffung von Veranstaltungen, Veranstaltungsorten, Waren und Dienstleistungen rangierten die Kosten an erster Stelle: 74 % der Befragten hielten sie für den entscheidenden Faktor. An zweiter Stelle folgt mit 61 % die Bedeutung von Unterbringung, Kapazität des Veranstaltungsortes und dessen Größe.
Bezüglich Integration von Nachhaltigkeit lassen die Antworten darauf schließen, dass es erkennbare Unterschiede in den Trends gibt. So gaben 73 % der Befragten an, dass Nachhaltigkeit in ihre Veranstaltungsplanung integriert ist und 62 % bestätigten, dass sie diese in ihre strategische Planung einbeziehen. Diese Antworten sind die einzigen, die über der 50 %-Quote liegen. Die Prozentsätze deuten laut ICCA darauf hin, dass Nachhaltigkeit vor allem in zukünftigen Initiativen integriert werden soll.
Roadmap für Net Zero Carbon Events
Wie steht die Branche, die Menschen miteinander verbindet und der es wichtig ist, wie jeder Einzelne behandelt wird, nun zu den 17 Zielen SDGs der UNO? Überaus positiv, so die ICCA-Studie: „Es ist ermutigend festzustellen, dass die Mehrheit der Umfrageteilnehmer (83 %) bei der Durchführung ihrer Veranstaltungspraktiken aktiv Nachhaltigkeit anstrebt.“ Nur ein kleiner Teil der Befragten fällt in die Kategorie derjenigen, die keine etablierten Richtlinien oder Nachhaltigkeitsbemühungen haben.
Einige Verbände haben bereits fortschrittliche und gut etablierte Nachhaltigkeitsstrategien formuliert, bei anderen besteht laut ICCA-Studie „noch viel Raum für Lernen und Wachstum.“
Als häufig genannte Hindernisse gelten unzureichende Finanzierung, begrenzte Ressourcen und Herausforderungen bei der Sicherung der Unterstützung durch Vorstände und Ausschüsse. „Diese Hindernisse können durch die Zusammenarbeit mit Veranstaltungsanbietern und durch die Unterstützung von Initiativen wie der Roadmap für Net Zero Carbon Events wirksam angegangen werden“, ist man bei der ICCA überzeugt.
Folgende Nachhaltigkeitsmaßnahmen wurden von den Verbänden am häufigsten genannt:
Die ICCA stellte in dieser Studie zudem fest, dass die Zahl der Kund:innen, die nachhaltige Maßnahmen bei Veranstaltungen fordern, deutlich zugenommen haben dürfte: 25 % der Befragten melden einen deutlichen Anstieg, 36 % einen moderaten. Mehr als 50 % der Organisationen sind außerdem bereit, mehr für Nachhaltigkeit zu bezahlen.
Abschließend betont die ICCA, dass „der zunehmende Fokus auf Nachhaltigkeit einen positiven Trend in der Eventbranche signalisiert. Die Unternehmen erkennen zunehmend die Vorteile nachhaltiger Praktiken.“ Diese liegen einerseits in Kosteneinsparungen, anderseits münden sie in einen besseren Ruf und leisten zudem positive gesellschaftliche Beiträge. „Es ist zu erwarten, dass sich der globale Wandel in Richtung Nachhaltigkeit fortsetzt und sie zu einem festen Bestandteil der Veranstaltungsplanung wird.“
Erstellt am: 20. Juli 2024
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