AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2024/04)
Die Österreich Werbung (ÖW) nimmt diesbezüglich eine führende Rolle in Europa ein und lanciert als „Orchestrator“ eine bemerkenswerte Studie über die Meeting-Branche
„Open Data“ und „Data Spaces“ – das sind zwei Begriffe, die sich beide mit der Bereitstellung und Nutzung von Daten befassen, aber in ihrem Ansatz, ihrer Struktur und ihren Zielen stark unterscheiden. Dies zur Einleitung in vorliegendem AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN-Beitrag, denn es kommt nicht selten zu Verwechslungen. Deshalb für all jene, die nicht so sattelfest sind: Während sich „Open Data“ auf für jedermann zugängliche und nutzbare Daten bezieht, ermöglichen es „Data Spaces“ (Daten-Räume) unterschiedlichen Akteur:innen, Daten zu teilen, zu integrieren und gemeinsam zu nutzen.
Auf diese Unterscheidung legt auch Olga Preveden, Project Managerin Data & Innovation der Österreich Werbung (ÖW), wert, die bei der diesjährigen Convention4u in Linz zusammen mit Inken Schlickeisen (damals Open Innovation Expert:in & Agile Coach bei der ÖW, seit November fungiert sie dort als Managerin Produktportfolio) eine viel beachtete Präsentation unter dem Titel „Daten nutzen, aber richtig“ hielt.
„Daten sind heute allgegenwärtig und die Menge von Daten wächst rasant“, so Olga Preveden. Dafür sind nicht zuletzt Technologien verantwortlich wie IoT (Internet of Things), also vernetzte Haushaltsgeräte, Fahrzeuge, Smartwatches und Smartglasses (Schätzungen zufolge wird das IoT bis 2025 etwa 75 Milliarden Geräte umfassen), wie Cloud-Computing oder 5G (fünfte Generation des Mobilfunkstandards). Laut Preveden werden heute täglich bereits 2,5 Quintillionen Bytes (1018 im amerikanischen Englisch, also eine Zahl mit 18 Nullen daran) an Daten produziert. „Das bringt mit sich Chancen, aber auch Risiken“, so die Datenexpertin.
Laut ihr entscheiden die Qualität und der Umgang mit Daten über ihren Wert. „Daten werden oft mit Gold oder Öl verglichen“, so Olga Preveden, oder sie werden als „das neue Wasser bezeichnet. Wasser passt gut zum Gedanken, da für die Datenqualität ‚Reinheit‘ entscheidend ist. Denn wenn die Daten schlecht sind, funktioniert selbst die KI (Künstliche Intelligenz) nicht!“
Wie beeinflussen nun Daten die Convention-Branche? Laut Olga Preveden sind die Kund;innen, in unserem Fall also Meeting-Besucher:innen, bereits an Dinge wie App-Nutzungen „Real-time“-Benachrichtigungen etc. gewöhnt. „Die Branche muss sich an diese Erwartungen anpassen.“ Wobei Daten einige Bereiche unterstützen können.
Dazu gehören etwa Fortschritte bei der „Customer Experience“ (also die einzelnen Zyklen, die potenzielle Kund:innen durchlaufen, bevor sie sich für den Kauf eines Produktes entscheiden), eine bessere Produktentwicklung, die intensiver an Kundebedürfnisse angepasst wird, aber auch die Schaffung effizienterer Prozesse sowie Kostenreduktion.
Durch „Tracking“ (Verfolgen und Überwachen von Bewegungen, Aktivitäten oder Positionen) wiederum können Daten für eine bessere Resilienz sorgen (z. B. im Umgang mit Stress oder anderen Herausforderungen und die schnelle Erholung von ihnen), aber auch für erhöhte Anpassungsfähigkeit (z. B. um fundierte Entscheidungen zu treffen und zur Verbesserung von Produktivität und Effizienz) und für das Erkennen von Trends.
Entscheidend bei all dem ist die richtige Nutzung der Daten. Olga Preveden: „Es bring nichts, alle Daten zu sammeln und zu speichern. Man braucht stattdessen relevante Daten und die in guter Qualität. Deswegen funktionieren manchmal KI-Concierges besser, wenn sie nur mit den jeweiligen Firmendaten trainiert werden und nicht Big Data.“ Daten alleine nutzen also nichts. Sie sind nur dann wertvoll, wenn sie zu Wissen werden. Was heißt das konkret? „Daten müssen im Kontext und von Expert:innen interpretiert werden“, so Olga Preveden.
Benötigt wird also eine „Data Excellence Strategie“, die jede Organisation bzw. jedes Unternehmen ausarbeiten sollte, so es nicht schon längst geschehen ist. Eine derartige Strategie setzt sich aus Antworten auf die Fragen zusammen, was und welche Daten genutzt werden („Datenstrategie“), wer welche Daten zur Verfügung stellt und pflegt, wie die Datenqualität gemessen wird und wie die Rolle der „Data Stewards“ aussieht („Data Governance Strategie“), aus der Dateninfrastruktur, datenspezifischen Richtlinien (z. B. KI-Richtlinie, Datenschutz, etc.) und zu guter Letzt aus der Datenintegration und -analyse, also der eigentlichen Datennutzung. Olga Preveden: „Datenstandards sind ein Teil der ‚Data Governance‘ und wichtig, damit Systeme die gleiche Sprache sprechen.“
„Durch Datennutzung kann die Convention-Branche wettbewerbsfähiger werden“, so Olga Preveden. „KI birgt viel Potenzial in sich und es führt kein Weg an ihr vorbei. Die Basis dafür sind aber Daten. Deswegen muss man jetzt anfangen, Daten zu pflegen. Und man sollte jetzt schon anfangen, Daten, die man hat oder leicht beschaffen kann, zu nutzen, um eine Datenkultur zu etablieren.“
Soweit zur Präsentation von Olga Preveden auf der Convention4u. Doch wie sieht nun die Datenstrategie der ÖW allgemein aus und vor allem in Bezug auf die Convention-Branche? In Österreich wurde von der ÖW der „Austria Tourism Data Hub“ – durch ihn soll das Gästeerlebnis neu gedacht werden, um neue Geschäftsmodelle, besseren Service und nahtlose Erlebnisse zu ermöglichen - bereits 2021 präsentiert. Und im Jahr darauf, also 2022, wurde der Datenraum für Tourismus (www.tourism-dataspace.com) etabliert. „Wir waren damit unter den ersten Ländern“, meint Olga Preveden nicht ohne Stolz. „Unser Auftrag ist es, ein Datenökosystem im österreichischen Tourismus auszubauen. Wir sehen uns dabei als ‚Orchestrator‘, denn es geht darum, datengetriebene Innovationen im Tourismus zu fördern und die Branche auf den digitalen Wandel vorzubereiten.“ Dies geschieht in vier Bereichen:
Auf letzterem ist die gesamte Datenstrategie der ÖW aufgebaut. In der EU wurde dazu 2020 die „European Strategy for Data“ als Grundlage für den Aufbau eines europäischen Datenmarktes entwickelt, welche die Nutzung von industriespezifischen Datenräumen vorsieht. „Das sind digitale Plattformen oder Ökosysteme, bei denen die Haltung der Daten dezentral ist - also nicht zentralisiert in eine Data Hub, wie bei Booking oder Google - und der Datenaustausch sicher und transparent durch eine speziell entwickelte Infrastruktur erfolgt“, so Olga Preveden.
Auf Basis dieser „European Strategy for Data“ wurde als eine der wichtigsten Initiativen der European Tourism Data Space (ETDS) entwickelt. Ziel von ETDS ist es, die Tourismusbranche digital zu transformieren. Darauf aufbauend wurde von der EU das Programm DEPLOYTOUR (Deployment of the European Tourism Data Space) etabliert. Es handelt sich um die bisher größte EU-Förderinitiative im Tourismus. Während der ETDS vor allem die Schaffung eines Datenraums und den Datenzugang fokussiert, geht DEPLOYTOUR einen Schritt weiter und zielt darauf ab, den Einsatz von Technologien und digitalen Lösungen im Tourismus zu unterstützen. Anfang November 2024 gab es ein Kick-off-Meeting in Palma, wobei in den nächsten drei Jahren mehr als 40 Partner an der Umsetzung des European Tourism Data Space arbeiten. Olga Preveden: „Wir sind an dem Projekt DEPLOYTOUR beteiligt.“
Laut Olga Preveden sollen Datenräume das „Data Sharing“ (in etwa Datenaustausch) ermöglichen, „so dass jede:r Akteur:in im Tourismus mehr Daten zur Verfügung hat und seine Datenprojekte besser machen kann.“ Warum? „Je mehr verschiedene Datenarten kombiniert werden, desto besser wird das Modell“, gibt Olga Preveden zur Antwort. Man kann beispielsweise Nächtigungsdaten mit Ausgaben der Gäste und Wetterdaten kombinieren. Dadurch habe man viel mehr Aussagekraft.
Nicht nur das: „Datenräume, also ‚Data Spaces‘, schaffen damit auch die Datenbasis für die KI-Anwendung im Tourismus“, ist Olga Preveden überzeugt. Wobei im Tourismus grundsätzlich viele verschiedene Datenquellen vorliegen, die auch intensiv verwendet werden. „Alle grau markierten (siehe Abbildung unten) nutzen wir schon.“
„Big Data“ (extrem große Datensätze mit hoher Komplexität und Geschwindigkeit) sind ein Teil davon. Als Beispiele nennt Olga Preveden etwa „Customer Reviews“ (Kundenbewertungen), gescrapte Hotelbuchungsinformationen (von Websites extrahierte Texte bezüglich Hotelbuchungen) oder den „Google Search Index“ (er enthält alle Seiten, die Google als relevant und zugänglich für die Suche betrachtet). Sehr interessant sind z. B. auch Satelliten-Daten, die für Klima- und Umweltanalysen eingesetzt werden. Olga Preveden: „Wir machen gerade ein Projekt mit dem BRZ (Bundesrechenzentrum), bei dem wir uns ansehen, welchen Einfluss die Klimaänderung auf den Wintertourismus haben kann. Dafür wird auch ein digitaler Zwilling (digitale Kopie eines realen Objekts oder Systems) erstellt, wie es oft in KI-Projekten der Fall ist.“
Die Vision der ÖW im Datenbereich ist es also, eine umfassende Datenintegration mit anderen Domänen (z. B. Mobilität, Kultur und Landwirtschaft) und anderen Ländern herzustellen. „Dadurch soll der Tourismus und auch die Convention-Branche nachhaltiger und resilienter werden, auch durch neue innovative Produkte und Services“, so Olga Preveden. „KI wird dabei eine zentrale Rolle als Technologie spielen, sei es als digitale Zwillinge, in Form von Prognosemodellen oder von Chatbots.“
Im Convention-Bereich ist die Datenbasis noch wesentlich kleiner als im Tourismus insgesamt. Doch seit heuer im Sommer die auf sechs Säulen basierende Strategie „Meet in Austria“ veröffentlich wurde, ist die Marschrichtung klar: Denn der Titel von Säule 6 lautet „Zahlen, Daten, Fakten“ und hat als klares Ziel, eine Grundlage für datenbasierte Entscheidungen in der Meeting-Branche Österreichs zu etablieren. Olga Preveden: „Die Strategie wurde von der ÖW und dem ACB (Austrian Convention Bureau) mit Unterstützung vom BMAW (Arbeits- und Wirtschaftsministerium) sowie der WKO (Wirtschaftskammer Österreich) entwickelt. Alle stehen dahinter.“
Als Basis dient mira (Meeting Industry Report Austria), die Daten zu Anzahl und Typ der Veranstaltungen, der Zahl von Teilnehmer:innen und vielem mehr liefert. „Die mira beruht aber vor allem auf der Basis freiwilliger Meldungen und gibt daher nur ein Teilbild“, ist sich Olga Preveden bewusst. Deshalb wird von der ÖW, dem ACB, dem BMAW und der WKO eine Studie initiiert, welche die wirtschaftliche Bedeutung der Meeting-Branche ermittelt, „damit wir eine bessere Datenbasis für die zukünftige Entwicklung der Branche haben“. Die Studie wird zum großen Teil auf Umfragen der Teilnehmer:innen, Veranstalter:innen und Meeting Organizer basieren, aber „wir werden versuchen, auch die ‚Big Data‘ und andere verfügbare Datenquellen als sekundäre Datenquellen in die Studie zu integrieren“.
Und wie lautet die Einschätzung von Olga Preveden für die weitere Zukunft? Ende Oktober hatte sie am „Tourism Innovation Summit 2024“ in Sevilla teilgenommen (7.000 Besucher:innen, 100 Sitzungen auf 5 Bühnen). Ihr Fazit: „Europa hat in den Bereichen KI und Gesundheit bereits fast das Spiel an die USA und an Asien verloren. Deshalb ist der Tourismus die Branche, in der wir noch führend sein können. Es geht darum, Europas Position auf der globalen Bühne zu stärken.“ Dem Convention-Bereich, der gemeinhin als „Königsklasse des Tourismus“ bezeichnet wird, kommt dabei eine tragende Rolle zu.
Erstellt am: 23. Dezember 2024
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