Best Meeting Thesis 2022

Ausbaupotenzial von Tourism Social Entrepreneurship für nachhaltige Tourismusentwicklung

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2023/03)

Im Rahmen der Best Meeting Thesis Austria 2022 stellte Cosima Pedit, MA, ihre Arbeit rund um Tourism Social Entrepreneur­ship (TSE) in Wien vor

Vor einem Jahr ging im Congress Center der Messe Wien die Verleihung der Best Meeting Thesis Austria (BMTA) über die Bühne. Organisiert vom ACB (Austrian Convention Bureau), präsentierten dabei acht Absolvent:innen verschiedener Hochschulen Österreichs vor Branchenexpert:innen und Vertreter:innen der Ausbildungsinstitutionen ihre Arbeiten in den Kategorien „Bachelor“ und „Master“.

Eine der Teilnehmerinnen war Cosima Pedit, MA, die zwischen 2020 und 2022 das Masterstudium „Leadership im Tourismus“ an der FHWien der WKW (University of Applied Sciences for Management & Communication) absolvierte und seit November vorigen Jahres als Project Managerin bei Nuba Incoming in Barcelona arbeitet, wo sie für ­Planung und Durchführung von Veranstaltungen verantwortlich ist. Pedit analy­sierte dabei die aktuelle Situation von Tourism Social Enterprises in Wien und zeigte das Potenzial für die nachhaltige Tourismusentwicklung in der Bundeshauptstadt auf. Schon während ihres Studiums war sie in der Organisation von Kongressen und Meetings tätig (u. a. bei COLUMBUS Congress+Event)

Zunächst ging es in der Arbeit von Cosima Pedit darum, Tourism Social Enterprises zu definieren. „Sie stellen ein alternatives Unternehmensmodell an der Schnittstelle zwischen Markt und der Zivil­gesellschaft dar, um die nachhaltige Entwicklung im Tourismus zu fördern und somit zur sozialen und ökologischen Verbesserung vor Ort mittels einer marktbasierten Strategie beizutragen“, so Pedit. In Wien zählen ihr zufolge zu den bekanntesten Unternehmen das „Café der Vollpension“ (2012 gegründet, heute drei Standorte sowie ein multifunktionales Studio für Events), das Hotel magdas (Anfang 2015 eröffnet) oder das Restaurant VinziRast „mittendrin“.

Für Cosima Pedit ist es keine Frage, warum es TSE braucht: „Der Tourismus ist einer der größten Treiber der österreichischen Wirtschaft und daher ein Change Agent, um Tourismusentwicklung zukunftsfähiger zu gestalten.“ Eines der Instrumente zur nachhaltigen Entwicklung im Tourismus stellen die TSE dar. Wobei für Pedit feststeht: „In Wien existieren bereits einige Tourism Social Enterprises, jedoch muss die Anzahl dieser noch ausgebaut werden, um eine größere Wirkung zu erzielen.“

Einblick in die Methodik

In ihrer Arbeit hat Pedit nach einer eingehenden Literaturanalyse die Grund­lagen und den Forschungsstand des Themas­
Tourism Social Entrepreneurship in Wien festgehalten sowie existierende Konzepte vorgestellt. Diese theoretischen Erkenntnisse bildeten die Grundlage für zehn leitfadengestützte Expert:inneninterviews, die Cosima Pedit mit Vertreter:innen der Interessensvertretungen sowie Betreiber:innen von TSE durchgeführt hat. Ziel war es dabei, die in der Literatur ihrer Meinung nach noch unbe­antworteten Themenkomplexe im Detail zu betrachten. Darauf aufbauend führte sie eine Ergebnisanalyse durch, anhand derer abschließend Handlungsempfehlungen aufgestellt und die Forschungsfrage („Welcher Rahmenbedingungen bedarf es für eine erfolgreiche Gründung von TSE“) beantwortet werden konnte.

Erhebung des Status quo

Ein Teil der Arbeit bestand in der Analyse der derzeitigen Situation von TSE in Wien. Laut Cosima Pedit ist dabei seit 2010 ein deutlicher Anstieg des Geschäftsmodells TSE zu bemerken. „Es handelt sich um dyna­mische Unternehmen, die mehrheitlich von besonderen Ereignissen angestoßen werden und ständigen Veränderungen unterliegen“, so Pedit. Außerdem integriert ihr zufolge der Großteil der TSE in Wien ein Social Business, dessen Zielgruppe die Mitarbeiter:innen oder Kund:innen sind. Die Tätigkeitsfelder widmen sich mehrheitlich der Arbeitsintegration und personenbezogenen sozialen Dienstleistungen und der Mehrwert wird im Bereich der Kund:innen und der Leistungserstellung geschaffen.

Von Social Enterprises im Tourismus werden die Zielgruppen Arbeitslose und Gering­verdiener:innen, Senior:innen, Menschen mit Behinderung, Vertriebene und Flüchtlinge, sowie sozial schwache Menschen am Rande der Gesellschaft angesprochen. Die primäre Gründungsmotivation besteht laut Cosima Pedit in dem Wunsch, gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Zu den Bereichen, in welchen die meisten Schwierigkeiten für TSE in Wien auftreten, zählen besonders Finanzierung, Personalmanagement, Unter­nehmenskultur und Innovation.

Wie gehen wir‘s an?

Für Cosima Pedit stellte sich also die Frage, wie die Anzahl der erfolgreichen Gründungen von TSE in Wien vermehrt werden kann, um die positiven Auswirkungen des Tourismus zu steigern und die Nachteile zu vermeiden. „Hierzu müssen die Rahmenbedingungen für Tourism Social Enterprise Gründungen angepasst und Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation getroffen werden“, sp Pedit.

Um einen adäquaten Nährboden schaffen zu können, ist es also notwendig, Maßnahmen in verschiedenen Bereichen zu tätigen. Dies umfasst sowohl finanzielle als auch nicht finanzielle Maßnahmen und lässt sich in verschiedene Bereiche einteilen:

Den ersten Bereich stellt die Verbesserung der Finanzierungssituation von TSE in Wien dar. Vermehrung von privaten und öffent­lichen Finanzierungsprogrammen, die Erhöhung der Attraktivität für Investor:innen oder die Übernahme der Ausfallhaftungen für Kredite sind einige mögliche Maßnahmen. Auch der Ausbau von Beratungsangeboten und Dialogen, um weitere Unterstützungsmaßnahmen zu planen, ist notwendig. Zusätzlich müssen Basisgegebenheiten für Gründungen hergestellt, die Wettbewerbsfähigkeit für TSE verbessert, politische Zuständigkeiten geklärt sowie die Interessensvertretung unterstützt und ausgebaut werden. Weitere Maßnahmen sind verschiedene Gesetzesänderungen, die Etablierung eines niederschwelligen Arbeitsangebots, TSE-Netzwerke und vor allem die Einführung des eingetragenen Rechtsstatus „Social Entreprise“.

Für Gründer:innen von TSE in Wien ist es einerseits notwendig, zusätzliche Bildungs­angebote zu schaffen, anderseits müssen diese auch angenommen werden. In der Sphäre des Personals ist es notwendig Startprogramme, Mitarbeiter:innenschulungen und die Ausbildung der Schlüsselkräfte voranzutreiben. Auch das Angebot von psychologischer Betreuung und die Optimierung in der Mitarbeiter:innenbeschaffung ist notwendig.

Weiters müssen Ausnahmeregelungen des Arbeitsrechts eingeführt und die Sichtbarkeit von TSE erhöht werden. Bei dem entwickelten Maßnahmenkatalog müssen verschiedene Akteur:innen aktiv werden. Zu diesen zählen Investor:innen, Banken, Lie­ferant:innen, nicht staatliche Organisationen, Bildungseinrichtungen, Kommunikations­medien und Gäst:innen.

Wie geht es weiter?

Die Masterarbeit wurde 2022 verfasst. Seitdem hat sich einiges in Bewegung gesetzt, wie etwa die Möglichkeit der Eintragung als „Verified Social Enterprise“ für Impact First Unternehmen. Seit 1. Dezember 2022 kann man sein Unternehmen erstmals als „Verified Social Enterprise“ registrieren lassen (mehr dazu unter www.sena.or.at/vse). Pedit dazu: „Trotzdem besteht immer noch ein hohes Ausbaupotenzial.“ Im Bereich der Forschung ist vor allem die nähere Betrachtung der Führung von TSE und die Machbarkeit und Zuständigkeit der Handlungsempfehlungen interessant. Auch die Anwendung der Handlungsempfehlungen außerhalb Wiens ist eine genauere Beleuchtung wert, um international die nachhaltige Tourismusentwicklung anzutreiben.

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