COVID-19-Pandemie

Die Herausforderungen der Wissensvermittlung auf einem virtuellen Kongress

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/02)

Nabila Ashri

Eine Fallstudie am Beispiel des EANM’20 Virtual Congress

Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie veränderte die ganze Welt in einem immensen Ausmaß und niemand kann genau sagen, wie sich die langfristige Zukunft der Kongress- und Tagungsbranche verändern wird. Es lässt sich jedoch festhalten, dass der Ausbruch der Krise große Auswirkungen hatte, bei denen neben gesundheitlichen auch wirtschaftliche Folgen festzuhalten waren, die vor allem der Dienstleistungssektor tragen musste

Zu den größten Herausforderungen für diese Branche gehörte dabei die Planungsunsicherheit, sowie die Kurzfristigkeit der Umplanung. Für Kongresse ergab sich außerdem die Schwierigkeit, die Wissensvermittlung im virtuellen Raum effektiv umzusetzen. Weiters mussten die Teilnehmer:innen so integriert werden, dass diese an der Session teilnehmen konnten, ohne von externen Einflüssen abgelenkt zu werden. Dazu kommt, dass eine einseitige Wissensvermittlung ohne Interaktion mit den Sprecher:innen als zusätzliche Herausforderung entstand.

Es lässt sich also sagen, dass die COVID-19-Krise als massiver Treiber für Digitalisierung agierte und dass viele Veranstalter:innen gezwungen waren, neue Modelle und Technologien auszuprobieren und ihre Veranstaltungen in den virtuellen Raum umzulegen. Die Nutzung technologischer Möglichkeiten wird in Zukunft immer wichtiger werden und kann dazu beitragen, die Veranstaltungsbranche weitgehend zu revolutionieren. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es im virtuellen Raum für Teilnehmer:innen, Organisator:innen und Sprecher:innen einige Herausforderungen in Bezug auf die Wissensvermittlung zu bewältigen gibt.

Vor- und Nachteile von virtuellen Kongressplattformen

Konzept und Vorgehensweise

Im Zuge der Masterarbeit wurde eine Fallstudie durchgeführt, bei der der European Association of Nuclear Medicine (EANM‘20) Virtual Congress im Oktober 2020 analysiert wurde. Dabei wurden sowohl die Teilnehmer:innen, als auch die Veranstalter:innen des Kongresses zum Thema der Wissensvermittlung auf einem virtuellen Kongress befragt.

Im Zuge der Befragung wurden 1.346 Teilnehmer:innen am Ende des Kongresses, mittels eines Online-Fragebogens in 12 Themenbereichen, Fragen gestellt. Die problemzentrierten Interviews für die Masterarbeit wurden im März 2021 mit fünf Personen des veranstaltenden Kongressteams geführt. Dabei wurde ein Leitfaden erstellt, der den befragten Personen vor dem Gespräch zugeschickt wurde.

Hindernisse und die Handhabung virtueller Kongresse

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die COVID-19-Krise ein großer Treiber für die Digitalisierung in der Kongressbranche war, da viele Veranstalter:innen gezwungen wurden, ihren Kongress virtuell abzuhalten. Eine der größten Herausforderungen hierbei war die Kurzfristigkeit, bei der die gesamte monate- oder jahrelange Vorbereitung in kürzester Zeit umgeplant werden musste. Neben der Planungsunsicherheit waren in diesem Zusammenhang auch die Ungewissheit und die Unbekanntheit, wie das Endprodukt des Onlinekongresses am Ende aussehen wird, weitere Herausforderungen. Auch viele technische Schwierigkeiten erschwerten die Situation, weil dieses Ausmaß einer virtuellen Veranstaltung für viele neu war. Durch diese Ungewissheit und die geringe Erfahrung, war die Abhängigkeit von Expert:innen, der Industrie und den Teilnehmer:innen, sowie von der Regierung und der pandemischen Entwicklung sehr überwältigend. Zudem musste akzeptiert werden, dass man nicht alles kontrollieren und selbst steuern konnte.

Hypothese

Kreuztabelle Hypothese 1: Die Nutzung der gelernten Inhalte im Arbeitsleben ist abhängig von den erfüllten Erwartungen an den Kongress (verifiziert).


 

Man musste den Mut haben, sich auf neue Sachen einzustellen und neue Wege zu gehen, dabei gleichzeitig die Motivation im Team aufrechtzuerhalten und die Unterstützung der Industrie und der Teilnehmer:innen beizubehalten, welche die zwei wichtigsten Gruppen am Kongress darstellen. Sobald diese Herausforderungen der Organisation bewältigt waren, kam die Hürde auf, die Inhalte angemessen in den virtuellen Raum zu verlagern. Auch die geringe Interaktivität auf dem Kongress, die der kurzen Organisationszeit geschuldet war, erschwerte das Lernen und die Wissensvermittlung. Für die Teilnehmer:innen gab es zu Beginn die Herausforderung, sich auf der Plattform zurechtzufinden und technische Schwierigkeiten zu bewältigen.

Während der Veranstaltung entstand dann die Situation, dass sie eine einseitige Wissensvermittlung während der Sessions erlebten, in der sie nicht direkt nachfragen konnten, wenn etwas unverständlich war. Sie hatten jedoch die Möglichkeit, sich die Vorträge anschließend für drei Monate beliebig oft on demand anzusehen. Auch die fehlende Möglichkeit zum Networking stellte für die Teilnehmer:innen eine neue Situation dar, da dies ein wichtiger Bestandteil jedes Kongresses ist. Zusätzlich ließ man sich durch mögliche technische Schwierigkeiten während der Veranstaltung leichter ablenken und konnte sich dadurch nicht ausreichend auf die Inhalte konzentrieren.

Von der Organisationsseite wurden alle technischen Schwierigkeiten jedoch sehr schnell behoben und ein Chat eingerichtet, um aufkommende Probleme der Teilnehmer:innen zu lösen. Die investierte Zeit und Arbeit in den Kongress hat sich sehr gelohnt, da die Teilnehmer:innen sehr zufrieden und die Veranstaltung damit ein voller Erfolg war.

Treiber für die Teilnahme an einem Kongress

Fazit und positive Zukunftsaussichten

Es lässt sich zusammenfassen, dass es für beide Seiten viele neue Herausforderungen gab, die aufgrund der Virtualität und der Kurzfristigkeit der Umsetzung hervorgerufen wurden, welche jedoch in Zukunft mit längerer Vorlaufzeit und Erfahrungen besser umgesetzt werden können. Es wurde auch betont, dass die Sinnhaftigkeit eines virtuellen Kongresses sehr stark mit der jeweiligen Branche zusammenhängt. Im nuklearmedizinischen Bereich ist ein durchgehend virtueller Kongress auf lange Sicht nicht sinnvoll, da es sich um eine industrielastige Branche handelt, in der sowohl die Gerätehersteller:innen als auch die Teilnehmer:innen einen face-to-face Kongress bevorzugen und benötigen. Man kann daher sagen, dass es eine sehr ungewohnte Situation für alle Beteiligte war, die in diesem Ausmaß nicht freiwillig stattgefunden hätte, die jedoch mit dem richtigen Team und der richtigen Community bewältigt werden konnte.

Steckbrief Nabila Ashri

Nabila Ashri absolvierte ihr Masterstudium Leadership im Tourismus an der FHWien der WKW und schrieb ihre Masterarbeit zum Thema „Die Herausforderungen der Wissensvermittlung auf einem virtuellen Kongress in der COVID-19-Pandemie – Eine Fallstudie am Beispiel des EANM’20 Virtual Congress“, welche als Best Meeting Thesis Austria 2021 vom Austrian Convention Bureau ausgezeichnet wurde. Seit Juni 2020 arbeitet sie bei der Europäischen Gesellschaft für Nuklearmedizin im Education Eventmanagement.

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