
AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2025/01)
Eine 2013 erstellte Studie des GCB zu diesem Thema hat sich in vielerlei Hinsicht als wahr erwiesen – aktuelle Analysen sollten sie jedoch ergänzen
Bereits vor 12 Jahren – also lange vor der globalen Pandemie – präsentierte das German Convention Bureau (GCB) eine Zukunftsstudie über die Megatrends von Tagungen und Kongressen im Jahr 2030. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, wie sich die Megatrends seither entwickelt haben, ob die Studie die richtigen Schlüsse gezogen hat und wie die Praxis sich darauf eingestellt hat.
Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass es mittlerweile eine stärkere Berücksichtigung der Digitalisierung und ihrer Auswirkungen auf Veranstaltungen gibt. Ebenso haben die Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Veranstaltungsformate eine stärkere Bedeutung erfahren, und der Fokus liegt heute auf flexiblen und hybriden Veranstaltungsformaten, die sowohl Präsenz- als auch Online-Teilnahme ermöglichen. Nicht zu unterschätzen sind zudem die Veränderung der Arbeitswelt und der damit verbundene Wunsch nach flexiblen und anpassbaren Veranstaltungen, die wachsende Bedeutung von Diversität und Inklusion sowie die Veränderung der Mobilität und die damit verbundene Anforderung an die Veranstaltungsorte.
Zunächst zur Studie: Sie skizziert mögliche Entwicklungen bis zum Jahr 2030. Diese reichen von der Ressourcenverknappung („Peak Everything“) über die Urbanisierung (also der Stadt der Zukunft) bis hin zum Themenkreis „Sicherheit“. Wobei sich fünf ausgewählte Megatrends herauskristallisierten, deren Auswirkungen auf Tagungen und Kongresse von der Studie besonders herausgearbeitet wurden. Erfreulich ist, dass ein Großteil bereits 2013 richtig erkannt wurde. Die fünf erwähnten Megatrends:
1. Technisierung der Arbeits- und Lebenswelten
2. Globalisierung und Internationalisierung
3. Mobilität der Zukunft
4. Nachhaltige Entwicklung
5. Demografischer Wandel, Feminisierung und Diversity
Künstliche Intelligenz (KI) lag Ende 2013, als die Zukunftsstudie präsentiert wurde, noch in ferner Zukunft. Heute ist sie Realität, wobei – wie das ACB MAGAZIN wiederholt feststellen konnte – ihre Umsetzung in den Alltag von Conventions noch in den Kinderschuhen steckt. Wie der Geschäftsführer des GCB Matthias Schultze im Vorjahr betonte, sei es „entscheidend für Veranstalter von Business Events, selbst KI-fähig zu werden“ (Ausgabe 02/2024).
Fest steht aber, und diesbezüglich lag die Studie bereits damals richtig, dass die Technisierung der Ausrichtungsstätten von Tagungen und Kongressen stetig voranschreitet. Sensoren, Bedienelemente und andere technische Einheiten im Gebäude werden miteinander vernetzt und automatisiert. Das Ziel ist dabei, Komfort und Sicherheit zu erhöhen und zugleich den Energieverbrauch zu reduzieren.
Auch ist es wichtig, die Bedürfnisse älterer Menschen mehr und mehr zu berücksichtigen. Neben den entsprechenden baulichen Maßnahmen spielt dabei die Automatisierung des Gebäudes bzw. seiner einzelnen Bestandteile eine wesentliche Rolle.
Beides hat zuletzt deutliche Dämpfer erfahren und tendiert mehr und mehr zu einer fragmentierten Weltwirtschaft. Globalisierung – auch wenn sie nicht enden wird – verliert also vorerst an Schwung, regionale Handelsblöcke und protektionistische Maßnahmen nehmen im Gegensatz zu.
Gleichzeitig verstärkt sich der internationale Wettbewerb für die Tagungs- und Kongressbranche und das wurde von der Studie richtig erkannt. Aufstrebende Destinationen entwickeln laut ihr mehr und mehr globale Attraktivität. Aus diesem Grund müssen Erwartungsmuster, Sprachen, kulturelle Verhaltensweisen sowie Kommunikations- und Interaktionsformen bei der Organisation erfolgreicher Tagungen und Kongresse stärker berücksichtigt werden.
Nichts geändert hat sich hingegen in Bezug auf Mobilität. An- und Abreise, vor allem deren Kosten, sind für alle Beteiligten von Tagungen und Kongressen eine besonders relevante Größe (bemerkenswert ist hier eine erst Ende 2024 erschienene Studie über den „CO2 footprint of global tourism“, die zeigt, dass die Luftfahrt und die private Nutzung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor – neben der Versorgungswirtschaft – die Hauptbrennpunkte mit hohem Anstieg der Tourismusemissionen sind).
Zu entscheidenden Auswahlkriterien in Bezug auf die Erreichbarkeit der Veranstaltungsorte zählen laut GCB-Studie von 2013 Schnelligkeit und Bequemlichkeit. Für Anbieter und Veranstaltungsplaner:innen ist es deshalb wichtiger denn je, sich aktiv mit dem Thema Mobilität zu befassen und ihren Platz innerhalb der multimodalen Mobilitätskette zu definieren.
Laut GCB-Studie gehören „Sustainable Meetings“ bis 2030 zum wachsenden Marktsegment. Das ist fast bescheiden ausgedrückt, denn laut „mira“ (Meeting Industria Report Austria) ist zwischen 2013 und 2023 (letzte Daten der „mira“) die Anzahl der Green Meetings & Events in Österreich um ganze 290 % (von 120 auf 348) nach oben geschnellt, zwischen 2019 (dem letzten Jahr vor der Pandemie) und 2023 um 65 %. Da mehr Kund:innen Veranstaltungen erwarten, die sich in der gesamten Angebotspalette deutlich an Nachhaltigkeitsprinzipien ausrichten und entsprechende Qualität garantieren, sollten sie laut GCB-Studie bereit sein, auch moderat höhere Preise zu akzeptieren.
Der fünfte Megatrend der GCB-Studie betrifft den demografischen Wandel und beschreibt primär die quantitativen Veränderungen der Bevölkerung. Nach einer Schätzung der UN aus dem Jahr 2010 sollte die Weltbevölkerung bis 2030 von damals 7 Milliarden auf 8,3 Milliarden Menschen anwachsen. Diese Zahlen wurden von der Entwicklung überholt: Die UN schätzt, dass die Weltbevölkerung bereits Mitte 2024 fast 8,2 Milliarden betrug.
Auch die Lebenserwartung steigt. Bei Erstellung der Studie wurde davon ausgegangen, dass sich die Zahl der damals 760 Millionen lebenden Menschen, die älter als 60 Jahre waren, bis zum Jahr 2030 auf über 1,5 Milliarden nahezu verdoppeln würde. Dieser langfristige Trend setzt sich fort, wenn auch mit geringeren jährlichen Zuwachsraten als in früheren Jahrzehnten. Derzeit leben weltweit etwa 1,4 Milliarden Menschen, die älter als 60 Jahre sind. Unabhängig von den genannten Schwankungen, sollte sich aber die Veranstaltungsbranche dank der wachsenden Mittelschichten in zahlreichen Staaten der Erde auf diese neue Zielgruppe einstellen.
Auch Feminisierung und Diversity sind zuletzt zu Problemfeldern avanciert. So verfolgt die derzeitige US-Regierung eine klare Anti-Diversity-Politik und hat Maßnahmen zur Förderung von Feminisierung und Vielfalt stark zurückgefahren. Erfreulich ist im Gegensatz dazu, dass der „Global Gender Gap Report 2024“ des Weltwirtschaftsforums davon ausgeht, dass weltweit 68,5 % der Geschlechterlücke geschlossen wurden. Auch Unternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung von Diversity und Inklusion.
Fest steht, dass es durch den demografischen Wandel (siehe auch Seite 46 „News aus der Hirnforschung“) sowie die Erfolge im Bereich Feminisierung, Diversity und Inklusion ein entsprechend hohes Potenzial an neuen Besucher:innen von Tagungen und Kongressen gibt.
Diese in der 2013 erstellten Studie georteten Megatrends sind Transformationsprozesse, die sich über Jahrzehnte erstrecken und alle Lebensbereiche betreffen. Sie boten und bieten konkrete Handlungsempfehlungen für die Branche. Viele der beschriebenen Trends, wie etwa die Digitalisierung oder die Nachhaltigkeit, haben seit damals sogar an Bedeutung gewonnen und sind weiterhin zentrale Themen im Convention-Bereich. Neue Entwicklungen in Technologie, Gesellschaft und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben allerdings zu Veränderungen geführt, so dass es sinnvoll wäre, die Erkenntnisse der Studie durch aktuelle Analysen zu ergänzen, um auch den heutigen Herausforderungen gerecht zu werden.
Erstellt am: 20. April 2025
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