Umfrage

Mehr Gefühl für Veränderungen des aktuellen Umfelds

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/04)

Wie sehr haben COVID-19 und die Pandemie Auswirkungen auf inter­nationale Vereinigungen und deren Tagungen? Antworten darauf liefert eine vor kurzem durchgeführte Umfrage der UIA

Anfang Dezember 2022 veröffentlichte die UIA (Union of International Associations) den Bericht zu ihrer heuer zum 10. Mal durchgeführten Umfrage. Diese erscheint üblicherweise nicht jährlich: Erstmals 1985 erhoben folgte die nächste Auflage 1993 und dann erst wieder 2002. Zwischen 2009 und 2018 gab es einen Dreijahresrhythmus, der auch 2021 im ersten Jahr nach der Pandemie eingehalten wurde. Da aber COVID-19 weiterhin einen anhaltenden Einfluss auf internationale Verbandstreffen zeitigt, entschied die UIA, laut ihrem Statistikkoordinator Joel Fischer, 2022 gleich die nächste Umfrage durchzuführen. Rund 1.000 internationale Assoziationen haben sich daran beteiligt.

Die Fragestellungen (meist Multiple Choice) wurden dabei angepasst, um die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie auf die Aktivitäten besser darstellen zu können und auf die veränderte Herangehensweise der Verbände bei der Planung und Organisation ihrer internationalen Veranstaltungen einzugehen. Joel Fischer: „Wir wollen damit allen, die an der Organisation internationaler Tagungen beteiligt sind, helfen, ein Gefühl für die Veränderungen des aktuellen Umfelds zu bekommen.“

Comeback größerer Veranstaltungen

Erfreulich und wenig überraschend sind die Antworten auf Frage 1 „Veranstaltet(e) Ihre Organisation 2021 und 2022 eine oder mehrere größere internationale Tagungen?“ 99 % stellten hier ein eindeutiges „Ja“ in die Fragebögen.

Tendenziell steigen wieder die Delegierten­Zahlen. Laut Antworten auf Frage 2 („Wie viele Delegierte ohne Begleitpersonen und Personal nehmen normalerweise an Ihrer großen internationalen Tagung teil?“) reduzierte sich der Anteil von Veranstaltungen mit weniger als 50 Personen und jener von Tagungen zwischen 51 und 100 Besucher*innen. Die „goldene Mitte“ (101 bis 250 Teilnehmer*innen) blieb als größte Gruppe mit einem Anteil von 25 % unverändert, während jener der Veranstaltungen mit 251 bis 500 Personen von 2021 auf heuer zulegen konnte, jene mit 1.001 bis 2.500 Delegierten sogar signifikant.

Hybrid im Vormarsch

Heuer haben nur noch 36 % der befragten Organisationen ihr Format von einer Präsenzveranstaltung auf ein virtuelles oder Online-­Format geändert (2021 waren es noch 44  %).­ Rund 26  % verschoben ihr Großereignis bzw. haben es neu geplant (Vorjahr 29  %). Abgesagt wurden 2022 nur noch 13  % aller Großveranstaltungen (2021 ereilte 16  % dieses Schicksal).

Eindeutig schlägt dabei das Pendel in Richtung Hybrid aus: Gaben 2021 erst 8 % an, ihre einst reine Präsenzveranstaltung auf ein hybrides Format abgeändert zu haben, so stimmten heuer bereits 18 % mit dieser Fragestellung überein.

Zwei Drittel (66 %) gehen davon aus, dass auch in Zukunft Online- bzw. Hybrid-Aspekte Teil der Großveranstaltungen bleiben werden (also nicht nur bei Vorstands- oder Ausschusssitzungen). Im Vorjahr antworteten zwar noch 73 % auf diese Frage mit „Ja“, doch der Anteil der „Nein“-Antworten hält sich heuer mit 15 %­ in Grenzen (Vorjahr 12 %). Rund ein Fünftel (19 %) weiß es noch nicht.

Ein Problem kristallisiert sich dabei heraus: 23 % der Befragten haben Schwierigkeiten, die richtige Plattform bzw. Dienstleistung für technische Lösungen zu finden (Vorjahr: keine Antworten dazu). Und 21 % gaben bei der diesjährigen Umfrage an, dass ihre Mitglieder bzw. Teilnehmer*innen über Schwierigkeiten mit der Internetgeschwindigkeit oder mit der Onlinequalität berichten. Erfreulich: Der Anteil jener Organisationen, die keine oder nur wenige Probleme mit der Technologie haben, sank gegenüber dem Vorjahr von 58 % auf 45%.

Auswirkungen auf die Einnahmen

In Summe hatte die Pandemie aber gröbere Auswirkungen auf die Einnahmen aus dem Veranstaltungsgeschäft der Organisationen. Während nur 5 % heuer einen Anstieg verzeichneten und 23 % keine Änderungen feststellen konnten, berichtete die Mehrheit von Rückgängen. Bei nahezu zwei Fünfteln (19 %) lag das Einnahmen-Minus zwischen 25 % und 50 %, ein Sechstel (15 %) verbucht rückläufige Einnahmen aus dem Veranstaltungsgeschäft in einer Größenordnung zwischen 51 % und 75 %, bei 6 % lag dieses Minus sogar darüber.

Generell stellte die Pandemie die Verbände vor größere Herausforderungen. So berichten 23 %, dass sie sich 2022 bei ihrem Verband mit Kündigungen der Mitgliedschaften oder weniger Verlängerungen als erwartet konfrontiert sahen (im Vorjahr 19  %). Ganze 29 % mussten sich heuer mit sinkenden Einnahmen auseinandersetzen (Vorjahr 31 %). Für 17 % und damit unverändert gegenüber der Umfrage 2021 gab es geringere Sponsoren-Gelder. Nur 5  % griffen zum Mittel von Entlassungen oder reduzierten Arbeitsstunden (Vorjahr 7  %) und 14  % (Vorjahr 15 %) reduzierten die von ihnen geleisteten Spenden und finanziellen Beiträge.

Mehr als vier Fünftel (81 %) sind aber überzeugt, dass ihre Organisation in der Lage ist, die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu überstehen, nur 1 %
zweifelt daran. Für 14 % hängt viel davon ab, wie lange die Krise andauert.

Die Rolle der Convention Bureaus

Interessant sind die Antworten auf die Frage, welche Unterstützung für (kostenlose) Dienstleistungen die jeweiligen Organisationen von ihren Convention Bureaus (CBs) bzw. Visitors Bureaus erwarten. An der Spitze liegen hier die Hilfe bei der Suche nach dem richtigen Veranstaltungsort (16 %), die Suche nach einer Unterkunft bzw. Beratung bei der Hotelauswahl (15 %) sowie Hilfe bei der Beantragung eines Zuschusses von der Gastgeberstadt (14 %).

Dahinter folgen mit 12 % die technische Unterstützung für virtuelle bzw. hybride Meetings und finanzielle Unterstützung (11 %). Jede zehnte Organisation (10 %) wünscht sich vom CB Unterstützung bei der Planung und der Organisation von Site Inspections,
9 % bei der Anwerbung von Teilnehmer*innen.

Wünsche an den Veranstaltungsort

Nicht als Multiple Choice, sondern in freier Form fielen die Antworten auf die Frage aus, welche drei Faktoren bzw. Aspekte für wichtig und entscheidend gehalten werden, um eine Veranstaltung in einem Konferenzzentrum oder einem anderen Veranstaltungsort durchzuführen.

Ganz oben auf der Liste stehen dabei Hybridität und On-Demand-Zugang zu den Hauptinhalten. Wichtig ist vielen Organisationen die Möglichkeit, Reden und Events aus der Ferne mitverfolgen zu können, auch wenn es sich nicht um eine hybride Veranstaltung handelt. Soll heißen: Ein Veranstaltungsort muss in der Lage sein, hybride Veranstaltungen zu unterstützen. Persönliche Anwesenheit wird nur dann als wichtig angesehen, wenn es keine Möglichkeit gibt, das Treffen virtuell abzuhalten.

Hochgeschwindigkeitsinternet – vor allem für hybride Veranstaltungen – sowie WiFi-­Fähigkeit und Datengeschwindigkeit gelten allgemein als Um und Auf. Wichtig ist zudem die kostenfreie Konnektivität für Teilnehmer*innen am Veranstaltungsort sowie in den Hotels.

Im Zusammenhang mit der Reise- und Delegiertenlogistik haben die Erleichterung der Visum- und Reisebestimmungen oberste Priorität. Ebenso wichtig ist der leichter Zugang zum Flughafen und zum Bahnhof sowie die Nähe zu den Standorten der Mitglieder. Dazu kommt die gute Erreichbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln in der näheren Umgebung.

Für Veranstaltungsorte sind geräumige Tagungs­bereiche wichtig, es sollte ausreichend Platz vorhanden sein, um die Privatsphäre der Delegierten zu respektieren. Neben einem Plenarraum sind deshalb auch konfigurierbare Breakout-/Kleingruppenbereiche wünschenswert.

Auch auf die Unterstützung durch lokale Mitorganisatoren wird Wert gelegt, ebenso auf die Erschwinglichkeit (Kosten und Preise von Veranstaltungsort sowie Unterkunft). Zugänglichkeit für Behinderte muss sowohl am Veranstaltungsort als auch in den Hotels gegeben sein.

Für Österreich besonders erfreulich: Einige der befragten Organisationen messen der Umgebung außerhalb der Tagungslocation größere Bedeutung zu. Dabei geht es um Schönheit der Natur sowie um den „Wow-Faktor“ des Reiseziels.

Nachhaltigkeit wird zum Thema

Mehr und mehr hinterfragt wird, ob persönliche Treffen überhaupt notwendig sind. Dabei geht es um Sinnhaftigkeit („Ist die Reise notwendig, können wir unseren Fußabdruck verringern?“). Oft wird die Kosten-­Nutzen-Analyse der potenziellen Teilnehmer*innen auch im Kontext der Nachhaltigkeitsagenda erstellt. Die Frage „erfüllt das Meeting unsere Ziele zur Reduzierung des Klimawandels bzw. des CO2-Fußabdrucks?“ rückt damit auch bei den Organisationen zunehmend in den Vordergrund.

Entscheidend ist dabei stets, dass das Treffen vor Ort einen Mehrwert im Vergleich zu Online-Meetings haben muss. Interessant in diesem Zusammenhang ist folgende Antwort: „Früher sind wir mindestens zweimal im Jahr zu Vorstandssitzungen quer durch Europa gereist, in Zukunft werden wir diese online abhalten.“

All dies wird, so die Schlussfolgerung der UIA, „langfristig zu einer Verringerung der Reisetätigkeit und zu einem Umdenken darüber führen, wie Reisen am besten genutzt werden. Die Verringerung der Kosten und der Klimabelastung sind erhebliche Vorteile von Online-Meetings“. Aber – und das ist nicht unerheblich – „Reisen zu Präsenzveranstaltungen werden weiterhin notwendig sein“. https://uia.org

Kommentar schreiben

Bitte die Netiquette einhalten. * Pflichtfelder

Nach oben