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Spürbarer Turnaround, die Zukunft bleibt weiterhin herausfordernd

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/02)

Gerhard Stübe, Sandra Neukart und Christian Woronka

V.l.: Gerhard Stübe, Sandra Neukart und Christian Woronka


 

Der seit 2009 alljährlich präsentierte Meeting Industry Report Austria kann für das zweite Pandemiejahr trotz aller Hürden einen soliden Anstieg in allen Bereichen vermelden

Seit der Einführung des Meeting Industrie Report Austria (mira) im Jahr 2009 hat sich dieser zu einem wichtigen Tool für die Messung und Identität der österreichischen Tagungsbranche etabliert. Seither kannte der jährliche Report nichts anderes als einen Aufwärtstrend. 2020 konnte aufgrund der Pandemie davon keine Rede sein, aber immerhin konnten der Präsident des Austrian Convention Bureau, Gerhard Stübe (er ist Geschäftsführer der Kongresskultur Bregenz), der Leiter des Vienna Convention Bureaus (VCB) und Sprecher der Bundesländer Convention Bureaus, Christian Woronka, sowie Sandra Neukart, neue COO der Österreich Werbung (ÖW), in ihrem Rückblick auf 2021 von einem spürbaren Turnaround gegenüber dem ersten Corona-Jahr 2020 sprechen. Auch die Zukunft von Österreichs Kongress- und Tagungsbranche beurteilen sie herausfordernd, aber positiv.

Mehr Veranstaltungen, geringere Teilnehmer:innenzahlen

Insgesamt gab es im Vorjahr trotz mehrerer Lockdowns und massiver organisatorischer Einschränkungen 10.400 Kongresse, Firmentagungen und Seminare mit einer halben Million Teilnehmer:innen, die österreichweit 811.187 Nächtigungen generierten. Gerhard Stübe: „Nach dem Corona-bedingten Einbruch 2020 haben wir 2021 verglichen mit dem Vorjahr, ein Wachstum in allen drei Veranstaltungssegmenten von über 20 % erzielt. Besonders Kongresse haben mit + 27,3 % auf 2.731 Veranstaltungen und Firmentagungen mit + 23,2 % auf 4.608 Veranstaltungen wieder zugelegt.“ Die Zahl der gemeldeten Seminare legte um + 14,6 % auf 3.063 Veranstaltungen zu. Die Aufteilung der Segmente hat sich dabei kaum verändert: Mit 44,3 % aller erfassten Veranstaltungen sind Firmentagungen weiterhin die größte Eventkategorie, gefolgt von den Seminaren (sie machten im Vorjahr 29,4 % aus) und den Kongressen (26,3 %).

Wesentliche Veränderungen gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 waren aber die geringere Teilnehmer:innenzahl pro Tagung (durchschnittlich 48 Personen gegenüber 70 im Jahr 2019) sowie die stärkere nationale Ausrichtung (87,4 % gegenüber 79,6 % im letzten Jahr vor der Pandemie).

Comeback der internationalen Kongresse

Erfreulich war, dass 2021 die Anzahl an internationalen Kongressen um + 55,2 % im Vergleich zum Vorjahr stieg. Somit konnte auch das Verhältnis zu den nationalen Kongressen von 18,3 % auf 22,3 % gesteigert werden. Da Kongresse mit internationaler Ausrichtung eine durchschnittlich höhere Teilnehmer:innenanzahl sowie Dauer aufweisen, haben diese einen starken Einfluss auf die generierten Nächtigungen. Über zwei Drittel aller Kongress- und Tagungsnächtigungen wurden 2021 durch internationale Kongresse generiert.

Halbierung des Nächtigungsanteils

Insgesamt sorgte die Tagungs- und Kongressbranche im vergangenen Jahr wie erwähnt für knapp 811.200 Nächtigungen (+ 12,5 % im Vergleich zu 2020). In Summe entspricht dies rund 1 % aller touristischen Übernachtungen in Österreich.

Zum Vergleich: 2019, das ein gesamttouristisches Rekordjahr markierte, erzielte die Tagungswirtschaft über 3,3 Millionen Nächtigungen, was einem Anteil von 2,2 Prozent aller Tourismusnächtigungen entsprach. Stübe: „Dies zeigt deutlich die Dimension der Rückgänge, welche die Meeting-Branche seit dem Jahr 2020 zu bewältigen hatte.“

Hybride Realität

Um nicht noch stärker unter die Räder der Pandemie zu geraten, wurde intensiv in die Digitalisierung investiert. Ziel war es, die erheblich gestiegene Nachfrage nach hybriden Formaten, also der Kombination von Live-Events und Online-Veranstaltungen, zu befriedigen. Für „mira“ hieß dies, erstmals auch hybride Veranstaltungen im Meeting Industry Report zu erheben. Das Ergebnis: 2021 wurden in Summe 371 hybrid durchgeführt, was lediglich 3,6 % der im Vorjahr gemeldeten Veranstaltungen entspricht.

Sommer im Kommen, Städte dominieren

Die kongressstärksten Monate waren 2021 der Oktober (633), gefolgt vom September (615) und dem Juni (367). Der November folgte auf Platz 4 mit 346 Veranstaltungen. Mehr als die Hälfte (58,4 %) des Kongressgeschäfts entfiel damit auf den Herbst. Für ein Viertel (25,4 %) sorgten die Sommermonate Juni, Juli und August. Die meisten internationalen Gäste kamen in den veranstaltungsreichsten Monaten September bis November sowie im Juni für einen Kongress nach Österreich.

Besonders zahlreich waren Kongresse in den Themenbereichen Wirtschaft & Politik, Humanmedizin sowie Geisteswissenschaften. Insgesamt wurden 2.147 Kongresse (78,6 % aller erhobenen Kongresse) mit rund 181.000 Teilnehmer:innen (71,6 %) zu diesen Themen veranstaltet. Mit einem Marktanteil von einem Drittel (33,1 %) aller gemeldeten und recherchierten Veranstaltungen führt Wien das Ranking im Bundesländer-Vergleich an. Dazu kommt, dass 2021 rund 43,6 % aller Kongresse, Firmentagungen und Seminare in den Landeshauptstädten stattfanden. Dies unterstreicht unter anderem die hohe Bedeutung der Branche für den Städtetourismus.

Herausfordernde Übergangsphase

Einen wachsenden Stellenwert hat die Ausrichtung von Green Meetings. 2021 fanden österreichweit 57 Green Meetings und 34 Green Events mit rund 58.550 Teilnehmer:innen statt. Ende 2021 verzeichnete das Umweltzeichen 90 Lizenznehmer, ein Zuwachs von 12,5 %.

Dieses verstärkte Umweltbewusstsein ist nach Ansicht von Gerhard Stübe eine wichtige Voraussetzung für zukünftiges Wachstum. Stübe zufolge befinde sich die Branche „nach wie vor in einer Übergangsphase mit sehr vielen Herausforderungen.“ Diese liegen u.a. in den steigenden Energiekosten und Preiserhöhungen, in der anhaltenden Kurzfristigkeit der Buchungen, im Mitarbeitermangel und generell in der Veränderung der Arbeitsfelder. „Sie werden die Branche in den nächsten Jahren begleiten“, ist Gerhard Stübe überzeugt.

Tagungslokalitäten mit von „mira“ erfassten Veranstaltungen in Österreich
Entwicklung der Nächtigungen von Österreichs Tagungswirtschaft

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