German Convention Bureau

„Bleisure Travel“, grüne Mobilität und hybride Formate

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/03)

Martina Neunecker

Der Innovationsverbund des GCB German Convention Bureau und des Fraunhofer-Instituts, „Future Meeting Space“, hat neun Thesen über den Veranstaltungsmarkt der Zukunft erstellt

„Wir können die Zukunft nicht voraussagen, aber wir können sie gestalten“, brachte es einst der Management-Papst Peter Ducker (1909 bis 2005) wunderbar auf den Punkt. Der Innovationsverbund „Future Meeting Space (FMS)“ – vor sieben Jahren durch das GCB German Convention Bureau in Zusam­menarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) ins Leben gerufen – scheint genau das zu beherzigen. Systematisch werden dabei relevante Entwicklungen in der Veranstaltungsbranche antizipiert und aktuelle Studien analysiert (u. a. von Bitkom, Deloitte, DRV – Deutscher ReiseVerband, Kompetenzzentrum Tourismus des Bundes 2020, Mariott International & PCMA, SAP Concur Deutschland, UFI Global Exhibition Barometer und Zukunftsinstitut der Ford GmbH), um daraus Hinweise auf künftige Anforderungen organisatorischer, technologischer und räumlicher Art für den Veranstaltungsmarkt der Zukunft abzuleiten.

Laut Dr. Martina Neunecker, Head of Communications des German Convention Bureau, lassen sich aus all dem neun konkrete Thesen ableiten. „Sie dienen als Grundlage für evidenzbasierte Prognosen zu künftigen Veränderungen“, so Neunecker. Die neun Thesen im Detail:

  1. Nachhaltigkeit beeinflusst Mobilitätsverhalten: Ressourcen- und Emissions­einsparungen bilden demnach wichtige Kriterien bei der konkreten Reiseplanung. Flugreisen werden zunehmend durch Zugreisen ersetzt. Vor allem die junge Generation bevorzugt postfossile Mobilität.
  2. Emotionales Erlebnis als USP (Unique Selling Proposition) physischer Events: Pflege und Entwicklung von Beziehungen stehen im Mittelpunkt und bieten so die Möglichkeit für unerwartete und spontane Inter­aktionen.
  3. „Bleisure Travel“ als fester Bestandteil der Arbeitswelt: Beruflich motivierte Reisen und Freizeittourismus werden miteinander verbunden. Bereits 84  % der unter 40-Jährigen verlängern Geschäftsreisen für Sightseeing, Wochenendaufenthalte mit Familie und Freund*innen sowie für den Besuch von Verwandten.
  4. Persönliches Sicherheitsempfinden und Gesundheit an oberster Stelle: Allumfassende Hygienekonzepte gelten als Voraussetzung bei einer physischen Teilnahme. So diese Aspekte nicht berücksichtigt werden, erfolgt die Teilnahme an einer Veranstaltung vermehrt virtuell.
  5. Personalisierte und digitalisierte Cus­tomer Journey: Hier geht es um Erleichterung der Buchungsvorgänge und um besseres Socializing.
  6. Hybride Formate: 76  % der befragten Unternehmen sprechen sich für den Ausbau dieses Bereiches aus, immer unter Abwägung von Reiseaufwand, Nachhaltigkeit und Sicherheit.
  7. Sinkende Ausgaben für Geschäfts­reisen: Allgemein wird davon ausgegangen, dass Geschäftsreisebudgets (und damit auch jene für Kongresse etc.) 2025 nur noch 70  % des von 2019 gewohnten Volumens ausmachen.
  8. Veränderte Verkehrsmittelwahl: Der Stellenwert von „Shared Mobility“ bzw. von multimodalen Mobilitätsketten (z.  B. Verknüpfung von Zugreisen, E-Scootern und PKW) wächst, auch in Bezug auf mobiles Arbeiten. 50  % wünschen sich mehr Angebote, die das mobile Arbeiten unterwegs und in Verkehrsmitteln ermöglichen.
  9. Grüne Mobilität: Vor allem für jüngere Generationen sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz wichtig, sie befürworten nachhaltiges Reisen privat und fordern dies auch im Business-Kontext.

Beim „Future Meeting Space“ geht man nun in die nächste Phase. Denn die Auswertung jener Studien, die zu den neun Thesen geführt haben, verdeutlichte, dass drei Themenschwerpunkte bislang nicht näher beleuchtet wurden und somit aussagekräftige Daten fehlen.

  • So sind Daten über Motivation für Reisen nach der Corona-Pandemie nur lückenhaft vorhanden. Es ist weiterhin unklar, warum Geschäftsreisen künftig ein wichtiger Bestandteil der Büro- und Arbeitswelt sein werden und welche Gründe Menschen im „New Now“ dazu veranlassen, tatsächlich zu reisen.
  • Zweitens fehlen Clusteranalysen zur Darstellung unterschiedlicher Reise­typologien, aus denen sich Unterschiede für deren Reisemotivation sowie für ihre Verhaltensweisen ergeben.
  • Drittens fehlen Studien über den Stellenwert von Geschäftsreisen für die „Gen Z“ (junge Menschen, die zwischen den Jahren 1995 und 2010 geboren sind), beziehungsweise konkrete Geschäftsreise-­Modelle, welche die junge Generation zum Reisen motivieren.

Die aktuelle Forschungsphase 2022 von „Future Meeting Space“ nimmt genau diese drei „Whitespots“ in den Blick. Die Ergebnisse der ersten Befragung zu den Typologien von Veranstaltungsreisenden werden demnächst veröffentlicht.

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