Eventpsychologie

Glücks- und Bindungshormone als wertvolle Ingredienzien

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/03)

Steffen Ronft

Durch Berücksichtigung von Erkenntnissen der Eventpsychologie lassen sich Veranstaltungen erfolgreicher gestalten – das gilt auch für hybride Events

Die Vorteile einer physischen Veranstaltung sind unschätzbar. Das zeigte sich während der Pandemie deutlicher als je zuvor. Entscheidend ist aber die Berücksichtigung von Erkenntnissen der Eventpsychologie, die es auch ermöglichen, hybride Veranstaltungen erfolgreich zu gestalten. Steffen Ronft, Hochschuldozent für Marketing, Werbe­psychologie und Eventmanagement an der SRH Fernhochschule (SRH steht für die Eigentümerin der Hochschule, der Stiftung Rehabilitation Heidelberg), hat sich darauf spezialisiert. Sein Buch „Eventpsychologie – Veranstaltungen wirksam optimieren: Grundlagen, Konzepte, Praxisbeispiele“ gilt als Standardwerk der Event­branche.

„Die stetige Erforschung der menschlichen Psyche ermöglicht es, auf umfangreiches bestehendes Wissen zurückzugreifen. Dieses Wissen kann für die Optimierung von Veranstaltungen genutzt werden“, erklärt Steffen Ronft. Ziel sei es, Wahrnehmung, kognitive und affektive Informationsverarbeitung sowie das Verhalten von Event­besuchenden und weiteren Beteiligten positiv zu beeinflussen.

Ausschüttung von Dopamin und Oxytocin

Bereits beim Betreten einer Veranstaltung sei ein erhöhter Adrenalin-Level zu erwarten. „Wir sind aufgeregt, was zu einer erhöhten Aufmerksamkeit führt“, so Ronft. Es kommt zu einer Ausschüttung des Glückshormons Dopamin. „Dadurch ergibt sich ein allgemein intensiveres Erlebnis aus Aufregung, Angst und Freude. Durch persönliche Berührungen wird auch das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet.“

Um neue Impulse zu erhalten, sei es wichtig, mit Menschen zu sprechen, die nicht zum alltäglichen Umfeld gehören. Bei Konferenzen mit Arbeitsgruppen und Workshops können sich durch Interaktion spannende psychologische Effekte ergeben. Beispiele hierfür sind sogenannte „Behavior Patterns“, wie z. B. die „Social Facilitation“ (Theorie der sozialen Erleichterung). „Hier verbessert sich das Ausführen einer Aufgabe in Gegenwart anderer Personen, die eine ähnliche Aufgabe ausführen“, so Ronft. Dazu kommen weitere Gruppeneffekte, wie der „Köhler-Effekt“, der bei heterogenen Gruppen leistungsschwächere Mitglieder zu höheren Leistungen motiviert. Im Gegenzug bestehe aber die Gefahr des „Social Loafing“, bei welchem sich einzelne Individuen bei kollektiv zu erarbeitenden Aufgaben zurücknehmen.

Erfolgsregeln für hybride Events

Im Falle einer digitalen Teilnahme könne zwar ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl entstehen, allerdings seien die multisensualen Verstärkungen nur eingeschränkt möglich. Ronft: „Man sollte bei effektiv Zuschauenden nicht die Erwartung wecken, dass sie aktive Teilnehmende des Events sein werden.“ Was müssen Tagungsplaner beachten, wenn sie online Wissen vermitteln? Nach Ansicht von Steffen Ronft sollten Lernpfade einzelner Themen ineinandergreifen: „Man muss die Wissens- und Kompetenzvermittlung als medienübergreifendes Ziel verstehen.“ Das reine Abfilmen von Frontalvorträgen reiche dazu nicht aus. „Es geht um Interaktionsmöglichkeiten, wie Umfragen am Smartphone während eines Vortrags, Online-Quiz oder Podcasts.“

Doch auch bei hybriden Event-Formaten lassen sich Präsenz- und virtuelle Teilnehmer*innen so verbinden, dass ein Miteinander entsteht. Digitale Besucher*innen müssen dabei für die lokalen Gäste sichtbar gemacht werden. Ronft: „So sollte stets bedacht werden, dass auch Fragen und Beiträge aus der virtuellen Gästeschaft bei der Veranstaltung wie Beiträge vor Ort behandelt werden.“ Für das Networking können zudem Networking-­Inseln geschaffen werden, an denen lokal Teilnehmende gezielt auf digitale Gäste treffen, um sich austauschen und vernetzen zu können. www.eventpsychologie.org

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