Club of Rome

„Beharrlicher Optimismus“ für Energie- und Klimawandel

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2022/04)

Der legendäre „Club of Rome“ beschreibt in seinem neuesten Bericht „Earth for All“ die bewältigenden Herausforderungen – diese betreffen nicht zuletzt auch den MICE-Sektor

Innovation ist in jedem Bereich erforderlich, so auch im nachhaltigen MICE-Business. Seit mehr als 30 Jahren wird auf die Notwendigkeit von Verbesserungen in der Praxis hingewiesen, doch erst seit 2010 steht das Österreichische Umweltzeichen für „Green Meetings“ und „Green Events“ sowie seit 2014 auch für „Green Locations“ zur Verfügung, um Veranstaltungen, die sich durch eine nachhaltige Organisation auszeichnen, hervorzuheben.

Doch gut Ding braucht Weile: Bislang dürfen sich 64 Locations – vom Hotel bis zum Kongresshaus – mit dem Umweltzeichen schmücken, ganze 1.417 „Green Meetings“ und 415 „Green Events“ erhielten bislang Zertifikate. Nur um die Relation aufzuzeigen: Seit erstmaliger Erstellung von mira (Meeting Industry Report Austria) im Jahr 2009 wurden über 175.000 Veranstaltungen mit mehr als 14,5 Mio. Teilnehmer*innen gemeldet.

Dem EU-Ecolabel geht es nicht viel besser. Das 1992 eingenführte freiwillige System für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch sowie eine nachhaltige Industriepolitik wurde bislang von für rund 89.300 Produkte und Dienstleistungen zertifiziert. Dem stehen in der EU rund 500 Mio. Verbraucher*innen und 24 Mio. Unternehmen gegenüber. Damit nicht genug, sind EU-weit derzeit über 30 unterschiedliche internationale Eco-Labels in Verwendung, wie das in Skandinavien beliebte nordische Umweltzeichen oder der „Blaue Engel“ in Deutschland.

„Earth for All“ für eine lebenswerte Zukunft

Zwischen Aufzeigen von Notwendigkeiten, Wollen und Tun liegen demnach Welten. Der berühmte „Club of Rome“, 1968 als Zusammenschluss von Expert*innen verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern gegründet, kann davon ein gutes Lied singen. Seit fünf Jahrzehnten zeigt er die 1972 präsentierten „Grenzen des Wachstums“ auf, wobei spätestens seit dem vom US-Vizepräsidenten und Präsidentschaftskandidaten Al Gore 2006 erschienenen Dokumentarfilm „An Inconvenient Truth“ über die globale Erwärmung auch das Thema Klimawandel eine wichtige Rolle spielt.

Anfang September 2022 ist nun der neueste „Club of Rome“-Bericht, der unter dem Titel „Earth for All“ die Ergebnisse einer zweijährigen Forschungsarbeit zusammenfasst, in deutscher Fassung erschienen. Darin geht es um die wichtigsten Maßnahmen, mit denen eine lebenswerte Zukunft der Menschheit noch möglich wäre. Mehr als 30 Autor*innen wirkten an seiner Gestaltung mit, allen voran die Co-Präsidentin des „Club of Rome“ und Vorsitzende der Expertengruppe der Europäischen Kommission für „Economic and Societal Impact of Research & Innovation“ (ESIR), Sandrine Dixson-Declève, die Entwicklungsökonomin Jayati Ghosh (Universität von Massachusetts), der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Erdsystemwissenschaftler Johan Rockström, der Umweltpsychologe Per Espen Stoknes (BI Norwegian Business School), der Nachhaltigkeitsanalyst und Autor Owen Gaffney sowie Jørgen Randers, ehemaliger Professor für Klimastrategie an der BI Norwegian Business School.

Fünf notwendige Kehrtwenden

Laut „Earth for All“ sind fünf außerordentliche Kehrtwenden notwendig, um einen nachhaltigen Wandel zu erreichen. Zeitlich aufgeschoben werden kann keine mehr. Sie müssen alle in den kommenden Jahrzehnten vollzogen werden. Neben Beendigung der Armut und Beseitigung der eklatanten Ungleichheit geht es auch um Ermächtigung („Empowerment“) der Frauen sowie – und damit wird das Thema Nachhaltigkeit direkt angesprochen – um den Aufbau eines für Menschen und die Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems sowie den Übergang zum Einsatz sauberer Energien.

Wird der derzeitige politische und ökonomische Kurs beibehalten, ist davon auszugehen, dass die globale Durchschnittstemperatur um weit über 2° Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigen wird. Mehr als die Hälfte davon ist bereits überschritten, denn gegenwärtig liegt die globale Mittel­temperatur bereits um etwa 1° C über der vorindustriellen Ära. Ziel der Vereinten Nationen ist es laut Paris- und Kyoto-Protokoll, die Erderwärmung auf deutlich unter 2° C, idealerweise sogar auf 1,5° C zu begrenzen.

Fake-News und der Vertrauensverlust

Laut „Earth for All“-Bericht stellt die bedeutendste Herausforderung unserer Tage aber nicht der Klimawandel dar, sondern der Verlust an Biodiversität sowie Pandemien. „Das bedeutendste Problem ist unsere kollektive Unfähigkeit, zwischen Fakten und Fiktion zu unterscheiden“, wird von den Autor*innen betont. Grund für diese Fehl- und Falsch­informationen sind die sozialen Medien: „Sie haben eine ganze Industrie der Falsch- und Desinformationen entstehen lassen, was der Polarisierung von Gesellschaften und einem Vertrauensverlust Vorschub leistet und dazu beiträgt, dass wir angesichts der kollektiven Herausforderungen unfähig sind, zusammenzuarbeiten oder uns auch nur über Grundtatsachen zu verständigen.“

Damoklesschwert der hohen Energiekosten

Doch nun zu den Herausforderungen bei der Transformation des globalen Energiesystems. Diese müssten laut „Earth for All“ mit geringerem Konsum einhergehen. Nötig seien auch weniger und kleinere Autos. Wobei die Gefahr nicht auszuschließen ist, dass es im Zuge der Umgestaltung des Energiesystems zu einer gesellschaftlichen Destabilisierung kommt: „Wenn die ärmste Mehrheit von den steigenden Energiekosten am stärksten betroffen ist, werden diese Menschen gegen die Energiepolitik protestieren.“

Als einer der Mythen im Bereich der Energiewende wird im „Earth for All“-Bericht angeführt, dass das Verhalten von Menschen sich nur schwer ändern lasse. Gerade erst habe die Corona-Pandemie gezeigt, dass es sich vielmehr sehr schnell ändern könne und das sogar mit vielen Vorteilen. So reduzierte die Arbeit im Homeoffice nicht nur Emissionen und Staus, sondern trug häufig auch dazu bei, Beruf und Familie besser miteinander in Einklang zu bringen.

Hoffnungsschimmer erneuerbare Energien

Auch zum Abschluss des Berichtes warten die Autor*innen mit etwas Positivem auf: „Vielleicht muss der Felsblock der notwendigen Transformation gar nicht einen Berg hinaufgewälzt werden. Vielleicht liege er schon nahe von einem Abhang und muss nur noch in Bewegung gesetzt werden.“ Nicht zuletzt der Blick auf erneuerbare Energien, die zudem preislich immer günstiger werden, erlaubt diese Ansicht. Der Leitfaden „Earth for All“ bleibt damit – trotz all seiner warnenden Szenarien – „beharrlich optimistisch“, wie betont wird. Auch die Wahrscheinlichkeit, ob dies alles zu schaffen ist, wird angesprochen: „Das, liebe Leser*innen, hängt davon ab, was Sie als Nächstes tun.“

Chance für den notwendigen Wandel

Der „Club of Rome“ hat übrigens auch ein Austrian Chapter, das die Aktivitäten der „internationalen Denkfabrik für Zukunftsfragen“ in Österreich koordiniert. Als Präsident fungiert der frühere amtsführende Stadtrat von Wien und spätere Abgeordnete des EU Parlaments (1996 bis 2014) Hannes Swoboda. Vizepräsident*innen sind Angela Köppl (die Ökonomin arbeitet seit 1992 im Forschungsbereich „Umwelt, Landwirtschaft und Energie“ des WIFO – Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung) und Friedrich Hinterberger, der frühere Leiter der Arbeitsgruppe ökologische Ökonomie und Ökologische Wirtschaftspolitik am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie sowie Gründer der Medienagentur cooppa, die sich der Kommunikation der Zukunft sowie der 17 SDGs (Sustainable Development Goals (SDGs) widmet.

„Wir befinden uns in einem historisch entscheidenden Jahrzehnt, in dem Untätigkeit dazu führen kann, irreversible Wendepunkte der Erde zu überschreiten“, gibt der Präsident des „Club of Rome“-Austrian Chapters zu bedenken. Der planetarische Notstand in Bezug auf den Klimawandel sei ein Symptom des „zerstörerischen Wachstumspfads um jeden Preis sowie zunehmender struktureller Ungleichheiten.“ Doch auch Hannes Swoboda steht für einen positiven Ansatz: „Die Antwort der Welt auf die globale Pandemie bietet eine Chance den notwendigen Wandel herbeizuführen. Dieselbe Pandemie hat deutlich gemacht, wie abhängig wir Menschen voneinander sind.“ www.clubofrome.org, www.clubofrome.at

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