AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2024/02)
Die Folgen des Klimawandels für die Convention-Branche sind nicht mehr vom Tisch zu wischen - nachhaltigere und resilientere Praktiken werden zum Standard
Ob man es wahrhaben will oder nicht: Die Auswirkungen der Klimakrise auf Events, vor allem in den Bereichen Mobilität, Set-Ups und auch in der Programmgestaltung, sind bereits voll im Alltag angekommen. Wobei eines wichtig ist zu betonten: Klimawandel und Klimakrise sind nicht ident, aber eng miteinander verbunden. So bezieht sich „Klimawandel“ (dieser Begriff ist eher neutral gehalten und beschreibend) auf langfristige Veränderungen der globalen oder regionalen Klimamuster, die natürliche Ursachen (etwa Vulkanausbrüche der Sonnenzyklen) sowie menschliche Aktivitäten, also anthropogene Veränderungen des Klimasystems, umfassen. Zu letzteren zählt vor allem der Ausstoß von Treibhausgasen, insbesondere von Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) oder Distickstoffmonoxid (N2O), die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, Abholzung und industrielle Prozesse verursacht werden.
Unter „Klimakrise“ wiederum werden die Auswirkungen des „Klimawandels“ auf Menschen und Umwelt verstanden. Dabei geht es um das Ergreifen sofortiger und umfassender Maßnahmen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern oder abzumildern. Diese Risiken reichen von extremen Wetterereignissen, über den Anstieg des Meeresspiegels und Verlust von Biodiversität bis hin zur Bedrohung der Nahrungsmittelsicherheit oder negativen gesundheitlichen Auswirkungen auf die menschliche Bevölkerung. Während also Klimawandel das Phänomen beschreibt, hebt die Klimakrise die Bedrohungen hervor, die aus ersterem resultieren und die Handlungsbedarfe erfordern.
Auch die Eventbranche ist davon betroffen – ein Trend, der sich in Zukunft noch verstärken wird. So können extreme Wetterereignisse, wie Starkregen, Hitzewellen und Stürme, die An- und Abreise von Teilnehmer:innen und Personal erschweren oder gar unmöglich machen (Gewitter und Hagel werden immer heftiger und größer, die Stürme ebenso; ein Beispiel betrifft etwa jenen Airbus A320 von Austrian Airlines, der Anfang Juni auf dem Weg von Mallorca nach Wien in eine Gewitterzelle geriet, die für die Cockpitcrew auf dem Wetterradar nicht ersichtlich war). Auch Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr sind möglich (so konnte der Bahn-Fernverkehr über München von Norden und Westen kommend Anfang Juni nicht aufrechterhalten werden).
Dazu kommen die steigenden Kosten für Flugreisen, die – wie der Generaldirektor der IATA (International Air Transport Association) Willie Walsh Anfang Juni auf der IATA-Tagung in Dubai betonte - unter anderem von der steigenden Nachfrage nach nachhaltigem Kerosin (Sustainable Aviation Fuel/SAF) getrieben werden, das aber derzeit nur in geringer Menge erhältlich ist. All dies kann die Teilnahme an Veranstaltungen verteuern, den Zeitplan und das Budget stark beeinträchtigen oder zur Absage bzw. Verschiebung von Outdoor-Events führen.
Umso bedeutender wird in Zukunft die nachhaltige Eventplanung (so wird das Thema Nachhaltigkeit 2025 den größten in Österreich angehaltenen Kongress, den European Congress of Radiology/ECR, stärker prägen als je zuvor (siehe Veranstalterinterview auf den Seiten 26 und 27). Diese reicht von der Verwendung von energieeffizienten Geräten über die Reduzierung von Abfall bis hin zur Kompensation von CO2-Emissionen.
Für den Kommunikations, Marketing- und PR-Experten Mag. Stephan Obenaus - seit drei Jahren im Management der Klima- und Energie-Modellregion Zell am See-Kaprun (KEM Tourismus) und seit sechs Jahren für die PR bei IONICA Mobility verantwortlich - steht die Wichtigkeit dieses Themas außer Frage. Wobei für ihn leider eine gewisse „Trägheit im Tourismus“ feststellbar ist: „Das ist zwar verständlich, aber die Kreation von Alternativen, wie zum Beispiel der Ganzjahrestourismus, ist wichtig.“
Auch für Thomas Kaissl, Director Business Development beim Climate Lab, einem vor zwei Jahren in Wien entstandenen Innovationshub für Klima-Akteur:innen aus ganz Europa, hat dieses Thema vorrangige Bedeutung. Zuletzt gab es Anfang Juni beim „Smart City SuMMit“ im Climate Lab spannende Einblicke in Projekte auf allen Ebenen. Dort wurde u. a. festgestellt, dass sich viele benötigte Technologien erst noch in Entwicklung befinden.
Fest steht, dass der Klimawandel das Bewusstsein für Umweltprobleme auch bei den Teilnehmer:innen schärfen und die Nachfrage nach nachhaltigen Veranstaltungen steigern wird. Die Chancen für die Kongress- und Eventbranche sind jedenfalls durchaus vorhanden. Eine liegt etwa in der Vorreiterrolle, welche der Convention-Bereich bei der Bekämpfung des Klimawandels zukommt. So geht es u. a. um die Organisation nachhaltiger Veranstaltungen (das Österreichische Umweltzeichen für Green Meetings und Green Events gilt hier als internationaler Vorreiter, die Zahl der Lizenznehmer hat bereits den Wert von 130 überschritten und laut Meeting Industry Report Austria legte die Zahl der erfassten nachhaltig durchgeführten Veranstaltungen im Vorjahr um 20 % auf bereits 162 Kongresse, Tagungen und Seminare mit über 80.000 Teilnehmer:innen zu).
Innovationen, die zur Entwicklung neuer Technologien für virtuelle und hybride Veranstaltungen führen, gehören ebenfalls dazu. Zu den wichtigsten Trends zählen hier das Metaverse (virtueller 3D-Raum, in dem Menschen miteinander interagieren), die Künstliche Intelligenz (KI), die es erlaubt, virtuelle und hybride Veranstaltungen durch Automatisierung von Aufgaben, Personalisierung von Erfahrungen und Bereitstellung von Daten und Analysen zu verbessern und die Augmented Reality (AR) sowie die Virtual Reality (VR). Beide können dazu verwendet werden, um immersive und interaktive Erlebnisse für virtuelle und hybride Veranstaltungen zu schaffen.
Dazu kommen noch Innovationen in den Bereichen Live-Streaming und Videokonferenzen (beide ermöglichen es, mehr denn je Veranstaltungen in Echtzeit mit einem großen Publikum zu teilen), bei Chats und anderen interaktiven Plattformen, wie Umfragen oder Quiz, in Form von Gamification sowie von analytischen Tools, deren Daten dazu verwendet werden können, um die Leistung von Veranstaltungen zu messen und sie in Zukunft zu verbessern. Veranstalter, die diese Technologien nutzen, können ansprechendere und effektivere Events schaffen, die ein breiteres Publikum erreichen.
Fakt ist, dass generell ein neues Bewusstsein entsteht. Der Klimawandel hat die Konferenz- und Veranstaltungsbranche dazu gebracht, nachhaltigere und resilientere Praktiken zu übernehmen. Diese Veränderungen tragen nicht nur zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks bei, sondern bieten auch neue Chancen für Innovation und Differenzierung in einer sich wandelnden Welt. Ebenso haben die Herausforderungen der Klimakrise Eventplaner dazu animiert, verstärkt nach innovativen Lösungen zu suchen, mit denen der ökologische Fußabdruck von Veranstaltungen minimiert werden kann.
Erstellt am: 19. Juli 2024
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