Balance für Körper und Geist

Stress weg, Energie her! Ein Playdoyer für Meetings im Freien

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2021/01)

Meetings im Freien

Egal wie man’s dreht und wendet: Veranstaltungen unter freiem Himmel – auch wenn’s nur Pausen sind – haben belebende Wirkung und stimulieren die Belohnungsneuronen im Gehirn

Unter den vielen Tagungs-Eindrücken der zurückliegenden Jahre ist einer ganz besonders in Erinnerung: als bei der Convention4u vor vier Jahren in Saalfelden die Teilnehmer*innen zur Auflockerung nach den Vormittags-Sessions gemeinsam zum Hotel Ritzenhof marschierten, sich dort ihrer Schuhe entledigten und bei entspannter Atmosphäre das regionale Street Food in Form eines Barfuß-Lunchs einnahmen. Und auch heuer beim ÖHV-Kongress 2021 in Linz – er wurde als hybrid-Meeting abgehalten und bot den Gästen erstmals nach dem langen Lockdown die Möglichkeit zu persönlichem Austausch – sorgte ein im Freien unter Frühjahrssonne abgehaltenes Hintergrundgespräch mit dem neu ernannten ÖHV-Vorstandsmitglied Barbara Winkler („Gastgeberin mit ganz viel Freude“; die Mutter von drei Söhnen ist geschäftsführende Gesellschafterin des 4-Sterne-Hotels Kaiser in Tirol) für unvergessliche Momente.

Da stellt sich zwangsläufig die Frage: stellten Meetings oder zumindest Teile von ihnen sowie effektive Pausen im Freien eine abstruse Idee dar, oder haben sie tatsächlich eine belebende Wirkung? Um Antworten darauf zu finden ist das AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN auf interessante Fakten gestoßen.

Wie ein Tropfen Morphium

Eines steht fest: Lange Besprechungen und Vorträge sind anstrengend. Sie bringen die geistige Kapazität der Teilnehmer*innen bis an ihre Grenzen. Aufmerksamkeit und Kreativität nehmen ab, je mehr Zeit vergeht, alles wird weniger produktiv und am Ende steht die Frage, ob investierte Zeit und Geld – von den Teilnahmegebühren über Aufenthalt bis hin zu An- und Rückreise – tatsächlich sinnvoll eingesetzt wurden. Sobald eine Veranstaltung oder Teile von ihr aus dem Indoor- in den Outdoor-Bereich verlagert werden, ändert sich das. Denn Meetings im Freien verbessern lt. wissenschaftlicher Erkenntnisse das Gesamterlebnis der Teilnehmer*innen erheblich. Das Einbauen von effektiven Pausen im Freien reicht oft, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Kreativität und Konzentration legen wieder zu.

So berichten etwa Manuela Siegfried und Geeta Stilwell von „Nature Wellbeing & Corporate Solutions“ nach einer Incentive-Reise mit Schneemobilfahren, Skifahren, Schlitten und Hundeschlittenfahren, dass „nach drei Tagen in der Natur die Rückmeldungen der Teilnehmer die besten waren, die wir je hatten.“ Zufall war dies keiner, denn unzählige Studien beweisen, dass Aufenthalte in der Natur Stress abbauen, das Energieniveau erhöhen, Produktivität und Kreativität steigern und das allgemeine Wohlbefinden und Glück verbessern. Laut Harvard-Ärztin Dr. Eva M. Selhub, Mitautorin von „Your Brain on Nature“, wirkt Natur „wie ein Tropfen Morphium, da sie die Belohnungsneuronen im Gehirn stimuliert, Sensoren ausschaltet, die zur Stressreaktion des Körpers führen, und so den Zugriff auf die höheren Gehirnzentren ermöglicht.“

Mathematiktest im virtuellen Wald

Nicht immer und überall ist es möglich, Natur zu den Teilnehmer*innen einer Veranstaltung zu bringen. Etwa bei städtischen Tagungen. In solchen Fällen hilft die strategische Dekoration, z. B. mit Grünpflanzen im Hintergrund, Topfpflanzen, die den Raum verschönern, oder mit natürlichen Pflanzen auf den Tischen der Mahlzeiten. Untersuchungen zeigen, dass Topfpflanzen in ihrer Umgebung Kreativität und Aufmerksamkeitsspanne steigern. Harvard-Forscher haben herausgefunden, dass sogar das Hinzufügen von Bildern aus der Natur die geistige Energie steigert: Allein durch den Anblick einer aufmunternden Umgebung können Teilnehmer*innen ihre Leistung verbessern. Auch VR (Virtual Reality) hilft, wie die schwedische Forscherin Matilda van den Bosche bewies: Sie setzte zunächst ihre Proband*innen mit Mathematiktests und simulierten Vorstellungsgesprächen unter Stress. Wenn sie dann in einen virtuellen Wald mit singenden Vögeln versetzt werden, sinkt ihre Herzfrequenz wieder auf ein normales Maß. Die Einrichtung eines Virtual-Reality-Raums bei Tagungen bringt ähnliche Ergebnisse.

Walking Meetings

Am besten ist es aber immer noch, draußen zu sein, mitten im Grünen, den natürlichen Geräuschen zu lauschen und die Luft in der Natur zu riechen. Allein die Tatsache, dass man sich im Freien aufhält, kann die Dynamik von Meetings grundlegend verändern. Es ist z.B. wahrscheinlicher, dass sich die vertikalen Grenzen zwischen Mitarbeiter*innen und Vorgesetzten auflösen, etwa bei Besprechungen zu Fuß, wenn Seite an Seite gegangen wird. Gehen während des Gesprächs entspannt den Geist und verbessert die exekutive Funktion, also die Priorisierung von Aufgaben. Gehen kann sogar das kreative Denken fördern, so dass sich Walking Meetings hervorragend für Brainstorming-Sitzungen eignen. Zu den bekanntesten Walking-Meetings-Fans zählen Facebook-Gründer Mark Zuckerberg oder der ehemalige US-Präsident Barack Obama und das aus gutem Grund: die Autoren der Studie „Give Your Ideas Some Legs: The Positive Effect of Walking on Creative Thinking“ der Stanford University kamen zu dem Ergebnis, dass mehr als Dreiviertel der Befragten nach einem Spaziergang mehr Ideen hatte, als diejenigen der Vergleichsgruppe, die im Sitzen nachgedacht hatten. Die medizinische Forschung liefert die Begründung: Das Gehirn setzt bei Bewegung das Hormon Dopamin frei, das hauptsächlich für die Motivationssteigerung zuständig ist.

Klar ist, dass sich nicht jedes Meeting für einen Walk eignet. David Haimes, Senior Director von Oracle Research and Development, der sich seit Langem mit Walking Meetings beschäftigt, sind Treffen im Grünen für Kleingruppen mit maximal drei Personen optimal. Die Obergrenze liegt ihm zufolge bei maximal 10. Auch die Meinungen für die beste Zeit von Walking Meetings gehen auseinander. Für viele ist es vor dem Mittagessen, für andere die als „Suppen-Koma“ bezeichnete Phase und sie legen Spazier-Besprechungen auf 15 Uhr oder später.

Balance für Körper und Geist

Wie dem auch sei: Meetings im Freien ermöglichen, Abwechslung in die Veranstaltung zu bringen. Zwischen hochkonzentrierte Arbeitsphasen lassen sich ganz unkompliziert Outdoor Aktivitäten einstreuen, um Körper und Geist wieder in Balance zu bringen, während das Auge mit viel Grün verwöhnt wird. Aber nicht alle Locations eignen sich dafür. Bei diesen sollten zumindest Bilder aus der Natur oder Grünpflanzen das Ambiente anreichern. Sie werden ihre Wirkung – gesteigerte Kreativität und Aufmerksamkeitsspanne – mit Sicherheit nicht verfehlen.

Meetings im Freien

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