5G Technologie

Kommunikation mit dreifacher Schallgeschwindigkeit

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2020/02)

Future Technics 5G

Bild: © areebarbar - stock.adobe.com

5G wird alle Lebensbereiche verändern, auch die Veranstaltungsbranche – das Hochleistungsnetz ist allerdings nicht unumstritten – Überblick über den Stand der Dinge sowie einige Denkanstöße 

Die letzten Monate waren in allen Lebensbereichen voller Veränderungen. Auch im Veranstaltungs-Business. Treiber war und ist ein 120 bis 160 nm kleines Virus (ein Nanometer entspricht dem millionsten Teil eines Millimeters). Es hatte gleichzeitig die Kraft, Einsatz und Verbreitung jener neuen Technologien, die schon zuvor im Renntempo auf Messen, bei Konferenzen, Seminaren, Events und Meetings auf der ganzen Welt Einzug hielten, noch weiter zu beschleunigen. „Es gab während des Lockdowns eine Datensteigerung, wie wir sie sonst in einem Jahr haben“, betonte vor kurzem Magenta-CEO Andreas Bierwirth in einem Interview. Doch scheinbar war all dies – glaubt man den Technik-Freaks – nur ein Vorgeschmack. Ihnen zufolge wird die mit dem Kürzel 5G bezeichnete fünfte Mobilfunkgeneration für eine weitere Revolution sorgen, Künstlicher Intelligenz (KI) oder selbstfahrenden Fahrzeugen den Weg in den Alltag ebnen, und auch das Event-Management prägen. 5G bietet mobil eine ähnliche live-Qualität wie Glasfaser im Festnetzbereich. „Es ist also quasi eine Glasfaser aus der Luft“, um noch einmal Andreas Bierwirth zu zitieren.  

Höhere Leistung, weniger Energie 

Gegenüber dem bislang schnellsten Netz, dem 4G, können in 5G Daten theoretisch rund hundert Mal schneller übertragen werden (bis zu 10 Gigabit pro Sekunde), was Übertragungsgeschwindigkeiten von unter einer Millisekunde entspricht. Oder anders ausgedrückt: wie wenn ein 100 Meter-Sprinter plötzlich mit dreifacher Schallgeschwindigkeit laufen würde.

In der Praxis wird das Tempo allerdings geringer ausfallen: etwa doppelt so schnell wie „4G+“, der stärksten Variante des derzeitigen Standards, und sechsmal schneller als das 4G-Netz. 

Diese erheblich höhere Leistung wird trotz deutlich geringerem Energieaufwand möglich: im 5G-Netz benötigen Smartphones, -watches und Tablets Schätzungen zufolge um 90 Prozent weniger Energie pro Bit, als bei der 4G Technologie. Gerhard Mack, Technikchef bei Vodafone in Deutschland, bezeichnet 5G deshalb als „Energiesparlampe im Mobilfunk.“ Ebenso soll 5G bis zu 100-mal mehr Geräte unterstützen, als es in 4G-Netzen der Fall ist.  

Viele Chancen, aber WLAN bleibt 

Diese deutlich höhere Geschwindigkeit (das Netz reagiert fast in Echtzeit) macht 5G für industrielle Anwendungen und das „Internet der Dinge“ (Internet of Things – IoT) spannend und wird nicht nur den Alltag extrem verändern, sondern auch die Veranstaltungsbranche. Die Bandbreite reicht von „Live-Streams“ in bislang ungekannter Dynamik bis zu proaktiven Convention-Apps.

Veranstaltungsplanern bietet sich etwa die Möglichkeit für „virtuelle“ Ticketoptionen, um zusätzlich zu den TeilnehmerInnen vor Ort den Umsatz zu maximieren. Auch die genauere Ortung (im 5G-Netz bis auf einen Meter genau, bei 4G sind es 30 Meter) wird neue Möglichkeiten eröffnen. 

Viele 5G-Anbieter sehen im neuen Netzwerk zudem das Ende von WiFi/WLAN, da 5G den Bedarf an Konnektivität erfüllt, den frühere Generationen von Mobilfunkdiensten nicht bewerkstelligen konnten. Ob es tatsächlich so kommt, darüber sind sich ExpertInnen uneinig: „Jede neue Technologie sagt immer den Tod der älteren Technologie voraus. Meistens kommt’s dann anders“, meint etwa Cliff Skolnick, Chef des IT-Spezialisten RightRound. Magenta-CEO Andreas Bierwirth sieht es ähnlich: dort, wo viele Menschen auf einem Fleck sind und sich bewegen, werde das Festnetz (also Glasfaser und WLAN) seine Vorteile weiterhin ausspielen. Bierwirth: „5G ist keine Technologie, die Internetversorgung in der Stadt ermöglicht, sondern wo Menschen unterwegs sind und im ländlichen Bereich.“ 

Geteilte Meinungen über das Gesundheitsrisiko 

Der Technik-Euphorie stehen allerdings auch Bedenken gegenüber, ob die Strahlungsbelastung aufgrund der neuen Frequenzen und viele zusätzlichen Sendemasten nicht doch eine Gefährdung für die Gesundheit darstellen. Es bleibt Ansichtssache, welcher Argumentation man folgt: während Netzbetreiber und Geräte-Hersteller Entwarnung geben und dies mit Untersuchungen belegen, sehen es Kritiker anders und stützen ihre Behauptungen mit ebenso stichhaltigen Studien-Ergebnissen. Corona hat die Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern weiter vergrößert. Letztere vermuten, dass Covid-19-Erkrankungen durch die Strahlung von 5G-Antennen zumindest begünstigt werden könnten. Und weil sich diese Theorie wie ein Lauffeuer im digitalen Äther verbreitete, sahen sich Regierungen und internationale Organisationen zu Dementis gezwungen. An der heftigen Diskussion bezüglich 5G rund um die Verträglichkeit der elektromagnetischen Strahlung für Mensch, Tier oder Pflanze änderte dies wenig. Es gibt Studien, die einen Zusammenhang nahelegen und gesundheitliche Schäden befürchten. „Die einschlägige Literatur gibt unter dem Strich jedoch Entwarnung“, heißt es diesbezüglich in einem Beitrag der NZZ (Neue Zürcher Zeitung) zu diesem Thema von Ende Jänner 2020: „Unterhalb der gängigen Grenzwerte für die Strahlung konnte keine Studie Risiken nachweisen. Auch eine Gesamtschau der Forschung auf dem Gebiet liefert keine Anhaltspunkte dafür.“ Vom Tisch ist die Diskussion damit nicht, denn wie die NZZ im selben Bericht festhält (der sich intensiv mit der möglichen Gesundheitsgefährdung beschäftigt), fordert die eidgenössische Mobilfunkbranche für den Ausbau des 5G Netzes höhere Grenzwerte (20 Volt pro Meter anstatt der aktuellen Anlagegrenzwerte je nach Frequenz von 4 bis 6 Volt pro Meter).  

In Deutschland und Österreich sind diese Grenzwerte schon seit dem 4G Netz erheblich höher angesetzt (10 W/m², was umgerechnet 61,4 V/m entspricht). Laut FMK (Forum Mobilkommunikation) sind „unter dem internationalen Kenntnisstand der Wissenschaft keine Gesundheitsrisiken zu erwarten.“ Am Ende wird wohl nur die Langzeit-Beobachtung Aufschluss geben können und bis dahin ist der 5G-Ausbau bereits längst abgeschlossen.

Zügiger Ausbau in Österreich …

Geht es nach den Mobilfunkbetreibern in Österreich, soll 5G rasch zum Standard werden und das Netz bis 2025 flächendeckend ausgebaut sein. Hier haben neben den großen Anbietern „A1“, „Drei“ und „Magenta“ (früher T-Mobile) auch der private österreichische Anbieter „spusu“, der größte Kabelnetzbetreiber Oberösterreichs „LIWEST“, die Salzburg AG und die Holding Graz 5G-Frequenzen ersteigert.  

Heuer konzentrieren sich die großen Mobilfunkbetreiber Österreichs auf die Landes- und ausgewählte Bezirkshauptstädte. In Wien werden vor allem die bereits vorhandenen 2.100 Masten mit 5G aufgerüstet. Österreichweit soll es bis Jahresende 2020 rund 3.200 der 5G-Sendeanlagen geben.  

… und auch weltweit

Weltweit gehen Schätzungen davon aus, dass bis 2025 die Zahl der 5G-Verbindungen rund 1,3 Milliarden erreichen wird, was einem Anteil von rund 40 Prozent der Weltbevölkerung bzw. 2,7 Milliarden Menschen entspricht, 600 Millionen davon in China. 

Zu den aktuellen 5G-Spitzenreitern gehören Südkorea, Großbritannien, Deutschland und die USA. Das weltgrößte 5G-Netz befindet sich allerdings in China. Es wurde von den drei größten chinesischen Netzbetreibern (China Mobile, China Unicom und China Telecom) Ende Oktober 2019 gestartet und erreichte rund um den Jahreswechsel landesweit bereits über 130.000 Sender.  

Persönliche Meetings trotz 5G

Auch wenn es rund um 5G noch viele Fragezeichen gibt, eines steht fest: 5G wird die Art und Weise, wie kommuniziert und interagiert wird, kräftig verändern. Das Design der künftigen Devices, die sich von iPhone & Co. so unterscheiden werden, wie diese vom früheren Nokia-Handy, ist ebenso davon betroffen, wie die Einsatzmöglichkeiten.  

Experten gehen davon aus, dass z.B. Operationen an Patienten möglich sind, die sich in einem tausende Kilometer entfernten Spital befinden – eine Einsatzmöglichkeit, die bei medizinischen Kongressen neue Möglichkeiten eröffnet. Hologramm (d.h. mit dreidimensionalen Bildern)-basierte Keynotes für eine stärkere Einbindung des Publikums zählen genauso dazu, wie Echtzeitanalysen, die es ermöglichen, die Bewerbung von Messeausstellern an die Bedürfnisse der KonferenzteilnehmerInnen anzupassen. Auch Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR), die bisher nicht die in sie gesetzten Erwartungen bei Veranstaltungsplanung und –vermarktung erfüllen konnten, werden durch 5G an Dynamik gewinnen.  

Bleibt die Frage, ob 5G durch all seine Möglichkeiten nicht den Messen, Kongressen und Seminaren Boden unter den Füßen abgraben wird? Die Antwort darauf lieferte in einem anderen Zusammenhang Dr. Bernhard Url, Executive Director der EFSA (European Food Safety Authority), bei einem Vortrag in Wien: „Wissenschaft braucht Vertrauen“, meinte der Chef der EU-Institution mit Sitz in Parma, „und Vertrauen baut man nur über persönliche Meetings auf.“ Daran wird auch 5G nichts ändern. 

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