Analyse

Starkes Wachstum mit Trends zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung

AUSTRIAN CONVENTION BUSINESS MAGAZIN (PRINT 2023/04)

Die MICE-Branche darf sich in den kommenden Jahren über deutliche Umsatzzuwächse freuen – einige Megatrends werden sie dabei begleiten, wie aus zahlreichen Studien hervorgeht

Welche Trends werden den Bereich der ­Kongress-, Convention-, Event- und Meeting­­­branche in den kommenden Jahren beschäftigen? Fest steht, dass dieser Bereich – nach der Durststrecke während der Pandemie – in Zukunft ein deutliches Wachstum verzeichnen wird. Als einer der Treiber der Entwicklung wird dabei die deutliche Verbesserung des Technologieeinsatzes angesehen. Hybride und virtuelle Veranstaltungen waren bekanntlich während der COVID-19-Jahre oft die einzige Option. Aber auch die enorme Weiterentwicklung des Internets und der Smartphones spielen eine Rolle. So hat die Verfügbarkeit von speziell auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnittenen Apps den gesamten Prozess einfacher und spannender gemacht.

Allgemein wird derzeit davon ausgegangen, dass der Branchenumsatz des weltweiten MICE-Marktes bis 2032 auf 1.620,7 Mrd. US-Dollar wachsen wird. Heuer sollen es laut einer von Custom Market Insights veröffentlichten Marktforschungsstudie 860,1 Mrd. US-Dollar sein. Die Ergebnisse der Studie basieren auf Befragungen der wichtigsten Marktteilnehmer, wie CWT Meetings & Events (in 150 Ländern mit insgesamt rund 18.000 Mitarbeiter:innen tätig), BCD Meetings & Events (über 100 Länder sowie mehr als 10.000 Miterbeiter:innen), American Express Global Business Travel (140 Länder, ca. 18.000 Mitarbeiter:innen), Maritz, Eventbrite und andere.

Auch die in Frankreich beheimatete Hospitality-­Gruppe Accor (rund 5.400 Hotels sowie 10.000 Restaurants und Bars in mehr als 110 Ländern) sieht der Zukunft positiv entgegen, wie im soeben publizierten MICE-Report „Meeting Expectations: The Future of Meetings & Events“ festgehalten wurde. Nicht verschwiegen wird dabei, welch tiefgreifenden Wandel der Meeting- und Event-Bereich in den vergangenen Jahren erfahren hat. Doch die Kern-Klientel von Tagungen und Veranstaltungen sei „weitgehend zurückgekehrt, in den kommenden Jahren soll nach Prognosen der Höchststand von 2019 übertroffen werden“, wie Sophie Hulgard, Senior Sales Director von Accor, betont.

So gaben in der Umfrage 78 % der Fach­leute an, dass ihr Meeting- und Event­budget bzw. das ihrer Kund:innen gegenüber 2022 gestiegen ist, bei über einem Drittel sogar um mehr als 25 %. Für 2024 rechnen 80 % der befragten Expert:innen mit steigenden Ausgaben für MICE-Aktivitäten. Rund 78 % von ihnen gehen für das nächste Jahr von einer zahlenmäßigen Steigerung von kleinen und mittelgroßen Meetings (unter 100 Teilnehmer:innen) aus und ebenso viele erwarten eine Zunahme der Meetings mit mehr als 100 Teilnehmer:innen. Über die Hälfte der Befragten rechnet mit mehr Veranstaltungen mit über 300 Teilnehmer:innen.

Digitalisierung & Nachhaltigkeit

Was sind nun die wichtigsten Wachstumsfaktoren? Diesbezüglich nennt die Studie von Custom Market Insights neben Allgemein­plätzen, – wie etwa „die zunehmende Globalisierung und Vernetzung von Unternehmen“, die zu einer wachsenden Nachfrage nach internationalen Konferenzen, Messen und Ausstellungen führt, oder das Comeback des Geschäftstourismus und dessen wirtschaftliche Auswirkungen –, auch Innovation und Technologie: „Digitale Plattformen, Event-Apps und virtuelle Meeting-­Tools haben die Art und Weise, wie Meetings und Konferenzen durchgeführt werden, revolutioniert und sorgen für mehr Flexibilität, Interaktivität und Kosteneffi­zienz“, so die Studienautoren.

Als weitere Wachstumstreiber von MICE-­Veranstaltungen werden Marketing- und Branding-Möglichkeiten der Unternehmen angesehen, ebenso die zunehmenden Unter­stützungen der öffentlichen Hand (Regierungen auf der ganzen Welt erkennen mehr und mehr die wirtschaftlichen Vorteile der MICE-Branche) sowie veränderte Verbraucherpräferenzen und eine wachsende Nachfrage nach nachhaltigen und sozial verantwortlichen Veranstaltungen.

Wobei das Thema Nachhaltigkeit vor allem in Europa als herausragender Trend im MICE-Markt angesehen wird. Es wird immer mehr Wert auf umweltfreundliche Praktiken gelegt, etwa auf die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks, die Umsetzung umweltfreundlicher Veranstaltungsrichtlinien und die Förderung eines verantwortungsvollen Veranstaltungsmanagements. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate am europäischen Markt am schnellsten steigen wird.

Nichts geht über Präsenz-Meetings

Dies deckt sich auch weitestgehend mit dem MICE-Report von Accor. Dort werden fünf Trends aufgelistet: „Softere Produktivität“ (Sinnhaftigkeit und Produktivität müssen in Balance stehen), die „menschliche Beziehung als Verkaufsargument“ (zwischenmenschliche Beziehungen und ein Zugehörigkeitsgefühl zu fördern sind die beiden Grundpfeiler erfolg­reicher Veranstaltungen), das „Erlebnis als neuer KPI“ (Key-Performance-Indicator), womit die zunehmende Bedeutung der Schaffung von Erlebnissen gemeint ist, die Verbindungen kreieren und stärken, „Meetings in grün“ (womit einmal mehr die Nachhaltigkeit als bedeutendster Check-Point angeführt wird) sowie „disruptive Technologien“. Dazu Accor-Managerin Sophie Hulgard: „Die digitale Welt hat zwar die Reichweite, aber die physische bringt den Wert. Es kommt also darauf an, präsent zu sein. Heute wollen sich Menschen mehr denn je treffen, sich austauschen und persönlich entfalten.“

Letzteres wird durch die Befragung für den MICE-Report deutlich belegt. So erwartet ein Drittel der Meeting-Planer:innen von physischen Meetings über 40 % mehr Umsatz im Vergleich zu virtuellen Meetings, und vier Fünftel würden im Jahr 2024 nur ungern Videokonferenzen nutzen, um einen Geschäftsabschluss zu erzielen. Karelle Lamouche, CCO der Accor-Division Premium, Midscale & Economy: „Die in unserem Bericht aufgezeigten Trends sind die DNA der Branche: Es geht um das Geschäft von Angesicht zu Angesicht.“

KI im Vormarsch, ebenso AR und VR

Trotz dieser Präsenz-Euphorie ist aber eines nicht von der Hand zu weisen: Auch 2024 dürfte sich der Paradigmenwechsel hin zu hybriden Veranstaltungen fortsetzen, wie aus einer Umfrage von MB Event hervorgeht. Der weltweite Markt für Hybridveranstaltungen dürfte demnach 2024 um 19,7 % steigen, ausgehend von 23,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2023.

Doch auch bei MB Event wird von der steigenden Bedeutung nachhaltiger Meetings ausgegangen: „Nachhaltigkeit hat sich weltweit von einem trendigen Begriff zu einem wesentlichen Bestandteil der Veranstaltungsplanung entwickelt.“ Aus einer aktuellen Deloitte-Studie geht hervor, dass 58 % der Verbraucher:innen die Entscheidung, ob sie an einer Veranstaltung teilnehmen oder nicht, von den Umweltauswirkungen abhängig machen. Veranstaltungen und Veranstaltungsorte sind deshalb gezwungen, die CO2-Auswirkungen zu reduzieren und auszugleichen.

Ein weiterer Trend besteht laut MB Event in der KI (Künstliche Intelligenz)-gestützten Personalisierung, die dabei hilft, das Veranstaltungserlebnis individuell zu gestalten und zu verbessern. Laut einer Analyse von Allied Market Research wird erwartet, dass der weltweite KI-Markt für den Veranstaltungssektor 2024 einen Wert von 1,8 Mrd. US-Dollar erreichen wird. Und auch Immersions­technologien, wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR), erfreuen sich im MICE-Bereich zunehmender Beliebtheit. Galten diese Technologien früher als futuristisch, sind sie mittlerweile unverzichtbar für die Schaffung interessanter und dynamischer Eventerlebnisse. Man kann also davon ausgehen, dass es einen weiteren starken Anstieg der Nutzung von AR und VR geben wird.

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